Die letzte Session vor den Wahlen ist immer etwas besonders. Einerseits sind alle «unter Strom», voll im Wahlkampf, einzelne auch um die Wiederwahl besorgt und andererseits schwingt auch etwas Wehmut mit. Wir haben nicht nur viele Geschäfte behandelt und wichtige Vorlagen abschliessen können, wie etwa den Mantelerlass zum Energiegesetz und das Raumplanungsgesetz, sondern auch nochmals viele Vorstösse abgearbeitet. Meine Session war geprägt von bedeutenden Gesundheitsvorlagen, den massiven Prämienerhöhungen und dem Abschluss der Debatte über den Gegenvorschlag zu unserer Prämienentlastungsinitiative. An den Wochenenden war Wahlkampf mit Aktionen, schönen Begegnungen und meinen spannenden Filmanlässen. Zu Beginn der dritten Sessionswoche sprach ich an der Kundgebung zu 75 Jahre AHV in Bern, einer ebenso fröhlichen wie kämpferischen Veranstaltung, die die AHV feierte aber auch Verbesserung der Renten forderte, denn die AHV deckt das Existenzminimum bei weitem nicht mehr.

 

Prämienverbilligungsinitiative

Schon in der ersten Woche wurden die letzten Differenzen beim Gegenvorschlag zur Prämienverbilligungsinitiative ausgeräumt. Sehr enttäuschend ist, dass sich die Mitte vom ursprünglichen Nationalratsvorschlag abgewandt hatte, der die Beiträge an Ergänzungsleistungsbeziehende herauslösen und zusätzlich finanzieren wollte. Wir haben nun einen minimalistischen Gegenvorschlag, der lediglich 350 Millionen Franken mehr an Prämienverbilligung vorsieht. Das ist viel zu wenig angesichts der Tatsache, dass 10 Kantone heute real sogar weniger finanzielle Mittel aufwenden als 2012. So kann die Initiative keinesfalls zurückgezogen werden. So ist klar: Nächstes Jahr werden wir an der Urne darüber abstimmen.

Wir hatten in der mittleren Woche in der Fraktion ein Papier diskutiert mit Kostendämpfungsvorschlägen von unserer Seite. Denn wir haben immer vertreten, dass es sozialpolitische Massnahme bei der Prämienverbilligung braucht, aber auch Massnahmen, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Stärkung der Grundversorgung mit differenzierten Tarifen, Umsetzung der Pflegeiniative, aber auch mehr Transparenz und weniger Gewinnstreben gehören dazu. Intensivst diskutierten wir dann auch unsere Haltung in der Schlussabstimmung zur Kostenbremseinitiative der Mitte. Die Stimmfreigabe, die dann beschlossen wurde, um den Druck auf Einsparungen zu erhöhen, erachte ich als falsch. Für mich gehört eine Gesundheitskostenbremse, die sich einzig an der Lohn- und der BIP-Entwicklung orientiert, nicht in die Verfassung. Denn je nach Umsetzung droht eine Zweiklassenmedizin.

 

EFAS – mit oder ohne Integration der Pflege

Seit Jahren begleiten uns diese vier Buchstaben. Einheitliche Finanzierung ambulant –stationär. Genau vor vier Jahren hatten wir diese Vorlage im Nationalrat behandelt. Dann war sie während dreier Jahre im Ständerat und wurde nun in diesem Jahr intensiv in der Gesundheitskommission diskutiert. Diese Zeit brauchten wir, weil der Ständerat die Vorlage ziemlich umgebaut und auch die Langzeitpflege integriert hatte. Dies war lange nicht so klar für mich. Ich habe mich darum intensiv und in vielen Gesprächen mit diversen Leuten aus Verbänden, Fachkreisen und den Gewerkschaften ausgetauscht. Ich bin aber überzeugt, wenn EFAS, dann besser mit Pflege – einfach, weil es sonst weitere Schnittstellen gibt und weil die Langzeitpflege eine der grossen Herausforderungen ist. Es ist uns aber auch gelungen, im Nationalrat zusätzliche Verbesserungen hineinzubringen, wie die Übernahme des Patient:innen-Beitrags in der Langzeitpflege durch die Kantone. Das sind die maximal 21 Franken pro Tag in den Pflegeheimen oder 20% des Spitexbetrags, die die Menschen nebst Franchise und Selbstkostenanteil noch zahlen müssen. Das passt den Kantonen übrigens gar nicht. Mir ist es sehr wichtig, dass sie auch weiterhin einen genügend hohen Anteil an die Kosten übernehmen und sich nicht zu Lasten der Prämienzahlenden entlasten. Wenn mit EFAS die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen neu von den Kantonen und den Krankenkassen gemeinsam bezahlt werden, fallen Fehlanreize weg, eine Behandlung stationär auszuführen. Viele Behandlung können ambulant durchgeführt werden, darum ist es richtig, dass die Kantone hier auch mitzahlen. Wichtig ist aber auch, dass die Kantone, wenn sie den ambulanten Bereich nun ebenfalls mitfinanzieren, genügend Instrumente der Steuerung, Mitsprache und Kontrolle haben. Die Gewerkschaften und auch der SBK sind kritisch eingestellt und befürchten, dass mit einem neuen Abrechnungssystem in der Langzeitpflege der Druck steigen könnte. Diese Bedenken sind nicht ganz aufzulösen, doch ist der SBK immerhin als eine der Parteien in den Tarif-Verhandlungen dabei. Noch gibt es einige Differenzen in diesem Geschäft, etwa auch die massive Besserstellung von Privatspitälern, die keinerlei Verpflichtungen haben, aber 60% mehr Abgeltungen über die Krankenkassen erhalten sollen, mit Kostenfolgen für die Prämienzahlenden von mindestens 150 Mio. Franken. Das wäre für uns ein absolutes No-Go.

 

Kostendämpfungspaket 2

Nach fast einjähriger Beratung in der Kommission haben wir das zweite Kostendämpfungspaket debattiert. Die Netzwerke zur Koordinierten Versorgung und die Vertraulichen Preismodelle wurden in den Hearings im November 2022 vehement kritisiert. Folglich setzten wir die Beratungen aus und gaben dem BAG den Auftrag für die Förderung der koordinierten Versorgung an runden Tischen mit den Akteur:innen eine Lösung zu finden. Ein chancenloses Unterfangen, was mich sehr enttäuscht. Das Seilziehen zwischen Leistungserbringenden und dem BAG ist enorm. Sehr umstritten und für uns sehr schwierig sind die Ausnahmen vom Öffentlichkeitsgesetz bei Preismodellen für hochpreisige neue Medikamente. Wir haben versucht mit einer Sunset-Klausel, d.h. einer zeitlichen Befristung der Bestimmung, eine Brücke zu bauen. Ein Weg für die Zukunft ist die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Staaten, die zum Bespiel gemeinsam mit der Pharma verhandeln und so die Preise stärker drücken könnten. Das ist nötig, um uns aus diesem Preisdiktat lösen zu können. Ich habe den Antrag durchgebracht, dass dazu ein Bericht erarbeitet wird. Stark engagiert habe ich mich auf dafür, dass gewisse Leistungen der Hebammen wieder vergütet werden und nicht von den Müttern getragen werden müssen.

 

Cannabisregulierung

Ein kleines Geschäft war die Fristverlängerung zur parlamentarischen Initiative Cannabisregulierung. Einzig die SVP bekämpfte es vehement. Ich habe dazu als Präsidentin die Subkommission, die dieses Gesetz ausarbeitet, gesprochen. Die Fristverlängerung war nötig, weil wir 2 Jahre nach der Gutheissung in der Kommission die Vorlage noch nicht ausgearbeitet haben. Zuerst mussten wir Grundsätze und Eckwerte erarbeiten und dazu brauchte es auch gewisse Zusatzgutachten zu einzelnen Fragestellungen. Nächstes Jahr wird dann der Gesetzesentwurf erarbeitet. Da es nebst den gesundheitlichen und suchtpolitischen Fragen auch viele weitere Bestimmungen zu regeln gilt, wie Besteuerung, Strassenverkehr, Import-Export, Strafbestimmungen sind verschiedene Bundesämter und weitere Departemente involviert. Die Leitung dieser Subkommission und die Erarbeitung der Cannabisregulierung ist eine spannende Aufgabe, die ich gerne ausführe.

 

Unverschämte Immobilien- und Strassenlobby

Die Immobilien-Lobby zwei Vorlagen durchgedrückt, die Mieter:innen deutlich schlechter stellt. Mit den Gesetzesänderungen soll es einfacher werden, Mieter:innen zu künden und sie aus ihrem Zuhause zu werfen. Und bei Wiedervermietungen können dann die Preise erhöht werden. Weil das nicht, hat der Mieter:innenverband das Referendum angekündigt.

Trotz Finanzknappheit beim Bund sollen 5 Milliarden in den grössten Autobahnausbau seit vielen Jahren gesteckt werden. Statt den ÖV und den Langsamverkehr zu fördern, wird völlig verfehlt in die Strasse investiert. Gegen diesen Beschluss hat der VCS das Referendum angekündigt.

 

Die Session endete am Donnerstagabend mit einem gemeinsamen Apéro aller und am Freitagmorgen mit dem Legislaturabschluss und einer Würdigung der abtretenden Mitglieder.