Gewichtige Geschäfte wie die Aktienrechtsrevision, öffentliches Beschaffungswesen, Datenschutz, Volksinitiativen und Nach(t)sitzen für die SVP-Selbstbestimmungsinitiative bestimmten die Session. Doch auch die Bundesfinanzen und das Personal beschäftigten mich. Grosses Interesse galt dem Ständerat, der unter anderem die EL-Revision wieder auf Kurs brachte und für die Steuervorlage mit der AHV-Finanzierung eine Kompromissvorlage vorlegte, die bei uns in der Fraktion zu einer intensiven Eintretensdiskussion führte. Persönlich finde ich den vorgeschlagenen Weg interessant. Er ist für beide Vorlagen ein Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen eine Lösung bei den Unternehmensteuern und die Abschaffung der Sonderbesteuerung internationaler Konzerne. Positiv ist auch das Rückgängigmachen eines Teils der USR 2. Mit der nachhaltigen Finanzspritze für die AHV verschaffen wir uns Luft für eine fundierte Debatte für die Zukunft.

 

Überschuss in der Bundeskasse – glänzende Rechnung 2017

Kurze Rückblende in die Budgetdebatte im Dezember 2016: Es wurde heftig gestritten und die Mehrheit des Nationalrats hatte zusätzliche Kürzungen beim Personal von 50 Mio. Franken durchgedrückt. Im Frühling 2018 präsentierte der Bundesrat dann einen Überschuss von 2,8 Mrd. Franken. Tatsächlich hat er das Ergebnis aber um rund 2 Mrd. verschlechtert, indem er Rückstellungen für die Rückerstattung von Verrechnungssteuern bildete. Dieses Vorgehen wurde kontrovers diskutiert. Denn ohne diesen buchhalterischen Kniff wäre die Rechnung um sagenhafte 5 Mrd. Franken besser ausgefallen als budgetiert! Fazit: die rigide Sparpolitik ist gar nicht nötig! Das Bundespersonal kommt sich zu Recht verschaukelt vor. Während 2 Jahren wurden Lohnerhöhungen verwehrt, Stellen abgebaut oder blieben vakant.  Das Schreckgespenst eines Lochs in der Bundeskasse wird an die Wand gemalt und dann ein solcher Geldsegen. Die Bürgerlichen machen weiter Druck; sie wollen «Polster schaffen» für Steuersenkungen etwa bei  der Ehepaarbesteuerung und Stempelsteuer oder für Grossinvestitionen wie milliardenschwere Rüstungsprogramme. Die Olympia-Milliarde ist nach der Walliser Abstimmung glücklicherweise passé. Peinlich für den Bundesrat war, dass es im Abschluss Fehlbuchungen gab, die zu spät bemerkt wurden.

Weil der Bundesrat auf Druck des Parlaments viele Bereiche der Bundesverwaltung überprüft um Kosten einzusparen, droht weiterer Leistungsabbau. Wegen Indiskretionen sind zwei Projekte aus dem Departement Schneider-Ammann in die Medien gelangt: Beim Bundesamt für Wohnungswesen soll kurz vor der Beratung die Mieter*innen-Initiative abgebaut werden, was völlig widersinnig ist. Die landwirtschaftliche Forschung Agroscope soll in Posieux zentralisiert werden, einem 900-Seelen-Dorf ohne Bahnhof in der Nähe von Freiburg. 10 heute auf die ganze Schweiz verteilte Standorte werden dorthin verlagert, wenige sollen als «Satelliten» weiterbestehen. 600 bis 700 Mitarbeitende müssten nach Posieux umziehen. Mit dem Standort Tänikon TG ist auch unsere Region betroffen. Nach zwei Reorganisationen 2014 und 2016 folgt nun dieser Kahlschlag. Der  von mir präsidierte Personalverband des Bundes führte diverse Gespräche mit den Verantwortlichen und ist in intensivem Austausch mit dem Personal. Auch die Bauernverbände und die Kantone wehren sich gegen den radikalen Einschnitt. Wenig überraschend, dass Bundesrat Schneider-Ammann gebremst wurde. Beide Räte haben Motionen gutgeheissen, die einen Marschhalt verlangen. Für das verunsicherte Personal ist das enorm wichtig. Wir freuen uns über diesen Teilerfolg.

 

Friedensbemühungen und Waffenrecht

Unverständlich heftig argumentierte die SVP gegen eine Erklärung gegen die Gewalt im Syrienkrieg. Umso erfreulicher war die Annahme einer Motion aus den Reihen der SP, dass die Schweiz den UNO-Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen solle. Ein wichtiger Entscheid, denn Atomwaffen müssen gerade in der aktuellen Zeit unbedingt verboten werden.

Um Waffen und Sicherheit geht es auch bei der Übernahme des EU-Waffenrechts. Der Bundesrat legte eine abgeschwächte Variante vor, die zusätzlich verwässert wurde. Ich verstehe nicht, warum man sich derart gegen die Registrierung von Waffen und ihre sichere Aufbewahrung wehrt.

Interessant und gleichzeitig bedrückend war das Treffen mit Menschenrechtsanwalt Raji Surani aus Gaza am Rande der Session. Nach 2 Jahren  konnte er wieder einmal ausreisen und berichtete uns über die jüngsten Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die schier ausweglose Situation. Beeindruckt hat mich auch das Treffen mit den zwei Menschenrechtsverteidigerinnen, Alma Biblash aus Tel Aviv-Jaffa und Nada Kiswanson aus Ramallah. Nachdem ich über Auffahrt wieder in Palästina war, ist der Bezug noch stärker. Die skandalösen Aussagen von Bundesrat Cassis zur Palästina-Politik und zum UNWRA gaben uns denn auch Anlass zu diversen Fragen in der Fragestunde.

 

Aktienrechtsrevision

Eine der grossen Debatten war die Aktienrechtsrevision zum Schluss der Session. Nebst  der Modernisierung dieses Gesetzes sollen Aktionärsrechte nach der Abzockerinitiative gestärkt, Transparenzvorschriften im Rohstoffhandel verschärft und ein Geschlechterzielwert eingeführt werden. In der Rechtskommission des Nationalrats wurde dann ein indirekter Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative erarbeitet, der umstritten, für uns aber von grosser Bedeutung ist. Minderheitsanträge von uns behandelten u.a. die Mitbestimmung durch die Mitarbeitenden auf Verwaltungsratsebene. Die Debatte war lang und intensiv, viele Entscheide fielen äusserst knapp. Nur gerade eine Stimme machte den Unterschied für die Geschlechterrichtwerte. SVP-Aeschi brachte ein 1,7 Mrd. teures Anliegen für das Kapital durch. In der Gesamtabstimmung zum Schluss lehnten die FDP und SVP die Aktienrechtsrevision ab.  Dass diese nicht mal verbindlich formulierte Geschlechterzielwerte (30% in der GL, 20% im VR) derart einschneidend sein sollen, dass die Wirtschaftspartei FDP eine solche Revision ablehnt, ist schwer verständlich. Jetzt ist der Ständerat wieder am Zug.

 

Was sonst noch lief

Und natürlich läuft auch rund um die Session herum viel. Ein Highlight für mich ist die Unterzeichnung des Sozialversicherungsabkommens der Schweiz mit Kosovo. AHV- und IV-Renten sollen nach dem Stopp im Jahre 2010 endlich wieder auch nach Kosovo ausbezahlt werden. Noch müssen die Parlamente beider Länder zustimmen, aber ich bin zuversichtlich. Tradition haben für mich mittlerweile die Teilnahme am Frauenlauf, Parlamotion (früh morgens ums Bundeshaus joggen) und der Aare-Schwumm. Eine grosse Freude war die Einladung meiner langjährigen Freundin und SP-Wegbegleiterin Ruth Meyer und ihrer Tochter Daniela Meyer zur Vernissage ihres ersten gemeinsamen Buches «Lebenskompetenzen erweitern» (erschienen im Berner hep-Verlag). Ein angenehmer Abschluss war dann der Empfang in der liechtensteinischen Botschaft diesen Donnerstagabend.