In dieser Session gab es für mich für einmal keine grossen Debatten aus meinen beiden Kommissionen. Doch beschäftigten mich die Dauerthemen Altersvorsorge und Covid 19. Mit Interesse verfolgte ich die Ständeratsdiskussion zur AHV21 und wir führten einige Hintergrundgespräche, um bei der AHV und auch der BVG-Vorlage Lösungen zu suchen. Die Reform der beruflichen Vorsorge steckt noch in der Nationalratskommission, wo wir um Kompensationsmassnahmen zur Senkung des Umwandlungssatzes ringen. Bei der AHV sind es ebenfalls die Kompensationsmassnahmen für die Übergangsgeneration, wo es noch keine Einigkeit gibt. Wir kämpfen hier um eine möglichst hohe Kompensation für die Frauen.
Pandemie und Krankenpflege
In der aktuellen Debatte «Krankenpflege und Pandemie» in dieser Woche habe ich unsere Interpellation vertreten und somit auch die Chance genutzt, noch einmal aufzuzeigen, wie wichtig Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal sind. An einer Mittagsveranstaltung der parlamentarischen Gruppe Pflege, die ich mit 5 Kolleg:innen aller Parteien co-präsidiere, konnten wir uns direkt in Gesprächen mit Pflegefachfrauen und -fachmännern austauschen und so «eins zu eins» erfahren, wie schlimm die Situation ist. Seit Beginn der Pandemie gab es zahlreiche Kündigungen und viele finden, dass sie ihren Beruf nicht mehr qualitativ genügend gut ausüben können. Mehr Pflegefachpersonal auf allen Schichten ist zwingend, aber auch eine verbindliche Dienstplanung, damit Beruf und Familie miteinander vereinbart werden können und damit Freizeit auch Ruhezeit ist.
Um die Pandemie in den Griff zu kriegen, muss aber auch das Impftempo vorangetrieben werden. Kontrovers werden Zertifikatspflicht und Testkosten diskutiert. Dazu hatten wir noch eine ausserordentliche Kommissionssitzung, in der wir unsere Stellungnahme an den Bundesrat formulierten. Eine deutliche Mehrheit teilt unsere Haltung, dass der Bund die Testkosten übernehmen soll, solange die erweiterte Zertifikatspflicht gilt. Sorgen bereiten uns die lauten Stimmen und die immer aggressiveren Demonstrationen. Unsere Mailboxen werden mit einer Riesenmenge von immer gleichen Mails von Massnahmengegner:innen geflutet. Um aus der Pandemie herauszukommen, können wir den Zertifikaten kaum ausweichen. Auch wir brauchten das Zertifikat mehrfach täglich, um zu einem frischen Kaffee zu kommen. Es hat sich etabliert und ist eigentlich keine grosse Sache. Im Schnellverfahren haben wir denn auch die gesetzliche Grundlage geschaffen, damit die Zertifikatspflicht auch im Bundeshaus generell zur Anwendung kommt.
Volksinitiativen und Gegenvorschläge: Waffenexporte, Organspende, Tabakwerbung
Die Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» wurde behandelt und ein erfreulich guter Gegenvorschlag dazu verabschiedet. Der Bundesratsentscheid von 2018 wurde vollständig korrigiert, und es konnte verhindert werden, dass eine Ausnahmeklausel eingebaut wird. Das ist ein schöner Erfolg und die Volksinitiative wird wohl zurückgezogen.
Auch die Initiative «Organspende fördern – Leben retten» dürfte zurückgezogen werden. Der Ständerat hat in dieser Session den indirekten Gegenvorschlag mit der «erweiterten Widerspruchslösung» behandelt und wir haben die kleinen Differenzen, die es noch gab, erledigt. Die Organtransplantation wird damit erleichtert, der Schutz und die Würde bleiben dennoch gut gewahrt. Wenn kein Wille der verstorbenen Person deponiert ist und die Angehörigen oder eine von der verstorbenen Person bezeichnete Person einer Organentnahme nicht zustimmen oder nicht erreichbar sind, werden keine Organe entnommen.
Intensiver ging es noch einmal beim Tabakproduktegesetz zu. Schon vor der Session hat die Tabaklobby das Gespräch gesucht und Briefe geschrieben. Sie wollte unbedingt erreichen, dass weiterhin Mentholzigaretten angeboten werden können und den Entscheid des Nationalrats drehen, der in der ersten Runde dem Verbot von Menthol als Inhaltsstoff zugestimmt hatte. Sie argumentierte – wie so oft – mit Arbeitsplätzen und hatte damit Erfolg bei den bürgerlichen Parteien. Das Gesetz ist zahnlos und bringt allzu wenig Verbesserungen. Die Volksinitiative «Kinder ohne Tabakwerbung» wird darum nicht zurückgezogen und kommt voraussichtlich im Februar 2022 an die Urne.
Steuersenkungen: schon die nächste Runde
Mit seinem Stichentscheid hat der Nationalratspräsident eine Korrektur und Eingrenzung der Abschaffung der Industriezölle verhindert. Die Industriezölle werden vollständig abgeschafft – und dem Bund brechen wieder 500 Millionen Franken an jährlichen Einnahmen weg.
Schon im Mitbericht in der Finanzkommission hatte ich mich gegen die teilweise Abschaffung der Verrechnungssteuern gewehrt. Auch hier resultieren für den Bund Mindereinnahmen von 200 bis 300 Millionen. Mein Anliegen war sowohl in der Finanzkommission als auch im Nationalrat leider aussichtslos. Die Argumentation lautet wie immer, dass es um Arbeitsplätze gehe und mittelfristig Mehreinnahmen generiert würden. Ich mag diese Platte schon gar nicht mehr hören.
Und die nächste Tranche der Abschaffung der Verrechnungssteuer wollten die Bürgerlichen gegen den Willen von Bundesrat und Links-Grün durchdrücken. Die SVP wollte erst mittels Ordnungsantrag die Debatte auf den 22. Juni 2022 verschieben, den Tag nach der Abstimmung über das Referendum zur Stempelsteuerreform. Denn die SP hatte dagegen das Referendum ergriffen und diese Woche bekannt gegeben, dass 65’000 Unterschriften beisammen sind. Das ging nicht auf. Schlussendlich wurde auf diese zweite Tranche Abschaffung Stempelsteuer fast einstimmig nicht eingetreten. Ein Teilerfolg für uns, doch sie werden in Zukunft sicher wieder versuchen.
Krankenkassenprämien
Der Bundesrat verabschiedete vor zwei Wochen die Botschaft zur SP-Prämienentlastungsinitiative und legt einen indirekten Gegenvorschlag mit einigen Verbesserungen vor. Allerdings will er einzig, dass sich die Kantone finanziell stärker und der Haushaltbelastung entsprechend beteiligen. Das ist für uns ungenügend, aber immerhin eine Diskussionsgrundlage. Denn der Bundesrat anerkennt so zumindest, dass es Handlungsbedarf gibt. Obwohl die mittlere Prämie schweizweit auf das nächste Jahr um 0,2% sinkt, steigt sie in St. Gallen um 0,5%. Diese Prämienentwicklung ist allerdings nur möglich, weil der Druck wirkt, dass die Krankenkassen die angehäuften Reserven anzapfen müssen. Die Belastung der Haushalte bleibt nach wie vor hoch, denn die Krankenkassenprämien haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Wir bereiten uns auf die Debatte vor, die mit Hearings in der Gesundheitskommission Ende Oktober beginnt.
Den Abschluss der Herbstsession bildete eine intensive Debatte zur Kohäsionsmilliarde, die bis in den späten Abend hineindauerte. Gefühlt die halbe SVP-Fraktion stellte dem Aussenminister Fragen. Neue Erkenntnisse gab das zwar nicht, aber Plattform ihren Unwillen zu bekunden. Alle übrigen Parteien haben geschlossen zugestimmt. Wir müssen endlich einen guten Weg zur weiteren Zusammenarbeit finden und unsere Beteiligung an den wichtigen EU-Programmen sichern.
Bis zur Wintersession stehen für mich jetzt nebst den Kommissionssitzungen der Abstimmungskampf für die Pflegeinitiative an, über die die Stimmberechtigten am 28. November entscheiden. Als Mitglied des Initiativkomitees werde ich mich hier stark für ein JA engagieren und ich zähle auf Ihre Unterstützung. Der Knackpunkt wird das Ständemehr sein und es wäre grossartig, wenn auch der Kanton St. Gallen dieses wichtige Anliegen annimmt. Es würde uns allen zugutekommen!