Sessionsabbruch nach der zweiten Woche wegen der Corona-Epidemie – eine Wende, die man zu Beginn der Session noch nicht erahnt hatte. Schnell hatte die Corona-Krise unser Land im Griff und die Massnahmen mussten verschärft werden. Denn die Gesundheit der Bevölkerung steht zuoberst. Der Bundesrat und das Bundesamt für Gesundheit machen meines Erachtens eine gute Arbeit. Denn die weitgehenden Entscheide, die sie nun gefällt haben, sind nicht einfach.

Mein Sessionsbericht ist für einmal etwas anders, wurde im Homeoffice geschrieben und stellt nicht nur die Entscheide ins Zentrum – sondern diese ausserordentliche Herausforderung, in der wir stehen: Die Solidarität aller Generationen mit den besonders gefährdeten Personen, aber auch mit den Personen, die unsere Versorgung sicherstellen. Darum geht auch ganz grosser Dank von meiner Seite an all diese Menschen. Doch es braucht auch die Solidarität und unbürokratische Hilfe für  dienjenigen, die wirtschaftlich ganz besonders getroffen sind.  

Nachdem wir noch am Freitag vor Sessionsbeginn in der Finanzkommission über den Abschluss des Bundes von 2019 gesprochen haben und die 3.1 Milliarden Überschuss zur Kenntnis genommen haben, bin ich am ersten Sessionstag mit der festen Absicht nach Bern gefahren, diese Mittel rasch für die Bewältigung der Coronakrise einsetzen zu können und auch die Bürgerlichen davon zu überzeugen. Auch dieses Mal fing die Session mit einer Sitzung des SP-Präsidiums an, in der ich die Idee ebenfalls einbrachte. Danach habe ich Gespräche mit verschiedenen Kolleg_innen aus der Finanzkommission und der Verwaltung geführt und ein gemeinsames Treffen in eben diesem Kreis initiiert. Wir hatten rasch einen gemeinsamen Nenner, dass es eine genügend grosse finanzielle Unterstützung braucht und dies auch gegenüber dem Finanzdepartement signalisiert. Ob dazu auch Geld aus dem Rechnungsüberschuss  2019 fliessen sollte, waren wir uns allerdings nicht ganz einig.

Die SP Fraktion hatte in der Fragestunde Fragen zu den wirtschaftspolitischen Auswirkungen gestellt sowie zur Finanzierung der Gesundheitskosten. Die ersten Antworten hatten uns gar nicht zufrieden gestellt. Doch der Bundesrat hatte dann am Freitag 13. März ein Hilfspaket von 10 Milliarden angekündigt. Nach wie vor sind viele Fragen offen und die Verunsicherung ist gross. Es braucht Hilfe auch für Einzelunternehmen, für kleine KMU’s und zwar nicht nur über die Kurzarbeitsentschädigung; nein es braucht weitergehende Finanzhilfen für Mieten usw. Gemeinsam werden wir diese Krise meistern.

Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose

Die SVP wollte von Beginn weg die Session gar nicht durchführen und dann schon nach einer Woche abbrechen. Ihre Anträge waren vor allem politisch motiviert. Denn es ging ihr darum, die Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose zu verhindern oder zumindest auf nach der Abstimmung vom 17. Mai über die SVP-Begrenzungsinitiative zu vertagen. Doch wir hatten bereits in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit intensiv gearbeitet und dann auch während der Session. So bestand am letzten Donnerstag noch eine Differenz und zwar in der Obergrenze der Leistungen – und sie besteht noch heute.

Nachdem der Ständerat das Leistungsniveau deutlich gesenkt hatte, haben wir im Nationalrat eine mehrheitsfähige Lösung erarbeitet, die die Überbrückungsleistung nahe bei den Ergänzungsleistungen positioniert. Ich bedaure sehr, dass wir gegenüber dem Bundesratsvorschlag tiefere Leistungen vorsehen. Doch haben wir auch Verbesserungen erreicht, die den Frauen nutzen, weil auch Betreuungs- und Erziehungszeit angerechnet wird. Zudem haben wir erreicht, dass ein Betrag für Gesundheitskosten angerechnet wird. Zwar mussten wir in der Höhe nachgeben, doch bekommen Mehrpersonenhaushalte den doppelten Betrag, was wiederum für Personen mit Kindern oder Jugendlichen wichtig ist. Nicht gelungen ist uns die harte Schwelle bei Alter 60 zu knacken. Bundesrat und Ständerat wollen, dass nur Ausgesteuerte, die schon 60 Jahre alt sind, eine Überbrückungsleistung beziehen können.  Der Nationalrat will die Anzahl Erwerbsjahre (inkl. Betreuungs- und Erziehungszeit) vor dem 60. Altersjahr heranziehen und nicht die fixe Schwelle von 60 Jahren. Weil aber die Leistungsobergrenze noch als letzte Pendenz offen ist und der Nationalrat hier immer noch einen etwas höheren Betrag vorsieht, gibt es noch eine Verhandlungsmöglichkeit, den Schwelleneffekt zu entschärfen.

 

Verlagerungspolitik, Whistleblowergesetz und Volksinitiative Faire Preise und Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten, Konzernverantwortungsinitiative

Für die Verlagerung der Güter auf die Bahn haben wir weitere Kredite gesprochen. Der Nationalrat will den Schienengüterverkehr sogar noch stärker fördern als der Bundesrat. Denn auch 26 Jahre nach der Alpeninitiative haben wir deren Ziele längst nicht umgesetzt. Statt 650’000 alpenquerende Fahrten sind es noch immer rund 1’000’000 Lastwagen, die unser Land durchfahren.

Obwohl wir uns schon länger für einen besseren Schutz von Whistleblower_innen einsetzen, bin ich dennoch froh, dass diese Vorlage zum zweiten Mal im Nationalrat beim Eintreten gescheitert und nun vom Tisch ist. Denn sie hätte einfach zu wenig zur Verbesserung beigetragen. Ist zu hoffen, dass nun aus dem Justizdepartement eine bessere Vorlage kommt.

Dann haben wir gleich zwei Volksinitiativen behandelt. Mit Hilfe der Fair-Preis-Initiative sollen günstigere Preise erzwungen werden. Der Nationalrat hat die meisten Forderungen der Initiative aufgenommen, will sie aber direkt über eine Änderung des Kartellgesetzes umsetzen, was auch ich sehr begrüsse. Die Volksinitiative, dass die Schweizerische Nationalbank und Institutionen der Altersvorsorge nicht mehr in Kriegsmaterialproduzierende Firmen investieren dürfen, war chancenlos; leider auch unser Versuch hier mit einem indirekten Gegenvorschlag gesetzliche Verschärfung zu erwirken. Schwierig ist es auch mit dem Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative. Der Ständerat verweigert sich dem nationalrätlichen Vorschlag. Der Abstimmungskampf würde wohl sehr emotional. Die Wirtschaft ist gespalten. Darum sollten wir wirklich einen brauchbaren Gegenvorschlag finden.

Zu guter Letzt sind auch verschiedene Vorstösse gutgeheissen worden. So will der National, dass eine nationale Menschenrechtsinstitution geschaffen wird und der Ständerat unterstützt eine Kinder-Ombudsstelle. Hoffen wir, dass beide Anliegen nun auch den Zweitrat überzeugen und weiterverfolgt werden können.

Was mich auch sehr gefreut hat, ist die Beseitigung der letzten Differenz in der Revision des Invalidengesetzgebung. Statt das jetzt einfach der Begriff «Kinderrente» ersetzt wird, sollen die Begriffe generell überprüft werden. Nun kommt diese wichtige Weiterentwicklung der IV – sie erinnern sich vielleicht an frühere Berichte: es geht unter anderem um Verbesserungen bei der beruflichen Integration von jungen Menschen –   in die Schlussabstimmung und soll dann auf 2022 in Kraft treten. Warum erst 2022? Weil jetzt noch die Verordnung dazu erarbeitet und auch bei den Ausführungsstellen vernehmlasst werden muss. Und das braucht Zeit.

Zum Schluss habe ich eine grosse Bitte: Haltet euch an die Vorgaben der Behörden. Bleibt soweit möglich zu Hause, wahrt räumliche Distanz, aber unterstützt einander. Bleibt gesund!