Zwei grosse Debatten prägten die Herbstsession: Umsetzungsgesetzgebung zur SVP
Zuwanderungsinitiative und Altersvorsorge 2020 (AV2020). Diese war für mich die zentrale Vorlage,
an welcher wir in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit in den letzten 9 Monaten
während 55 Sitzungsstunden intensiv gearbeitet haben. Diese Session wurden auch wieder
verschiedene unverantwortliche Steuerentscheide und Mehrausgaben für Armee und Landwirtschaft
beschlossen. Sehr gefreut hat mich die Gutheissung des Gegenvorschlags zur Wiedergutmachungsinitiative. Somit ist der Weg frei für Zahlungen an Opfer von Zwangsmassnahmen, die viel Leid erfahren haben.


Die erste Sessionswoche startete relativ positiv mit dem Abschluss der Energiestrategie 2050
der Wiederaufstockung der Mittel für Bildung, Forschung und Innovation. Ein wichtiger Schritt war
die Gutheissung der Parlamentarischen Initiative meiner Kollegin Ada Marra, zur erleichterten
Einbürgerung der 3. Generation. 8 lange Jahre wurde dafür gearbeitet. In dieser Session wurde
noch um Details gefeilscht, etwa wie nachgewiesen werden muss, dass ein Grosselternteil hier das
Aufenthaltsrecht hatte. Ein wichtiger Schritt ist getan, denn hier geborene Kinder gehören zu uns.

Zur ersten Sessionswoche gehörte auch ein fast magischer Moment: Ein letzter Aareschwumm an
einem milden Abend bei Vollmond. Nach strengen Tagen sind das die entspannenden Momente, die
frau geniessen kann.

Unverschämt war wieder einmal die Bauernlobby. Es gibt immer weniger Betriebe. Die Statistitik
zeigt, dass es einige Grossverdiener gibt, die den Grossteil der Bundesmittel abholen. So bezieht
ein Zehntel der Betriebe 25% der Direktzahlungen, Tendenz steigend. Dennoch wollte die Ratsmehrheit von einer Kürzung des Zahlungsrahmens nichts wissen. Grotesk war die Aufstockung der
Kredite für die Armee. Obwohl es nicht genügend ausführungsreife Projekte gibt, hat man jetzt
einfach die 5-Milliarden durchgedrückt. Ganz schlimm waren dann die Entscheide im Wirtschaftsbereich. Der Rat beschloss, dass die Kantone eine erneute Steueramnestie durchführen können,
obwohl Bundesrat Maurer auf die Verfassungswidrigkeit hinwies. Teuer zu stehen kommen uns
auch Änderungen der Verrechnungssteuer. 600 Millionen kostet es zusätzlich, weil das Ganze
noch rückwirkend in Kraft gesetzt wird und diese Gelder zurückbezahlt werden müssen.

Mit grosser Spannung wurde die Debatte zur Umsetzung der SVP-Initiative erwartet. Die CVP war
ja kurz vorher ausgeschert und wollte über Einzelanträge das Kommissionsergebnis verschärfen.
Die SVP hatte die im Fernsehen live übertragene Eintretensdebatte zur Politshow umgestaltet.
Phasenweise wurde heftige Angriffe geritten und die engagierten Leute, die den Inländervorrang
light vertraten, heftig attackiert. Am Debatte Tag wurden vor dem Bundeshaus Messerstecher
Plakate gegen die Kommission verteilt, ohne dass der Sicherheitsdienst eingeschritten wäre.
Inhaltlich hat sich die Kommission zum Glück durchgesetzt. Einige Entscheide waren knapp, die
Anwesenheit der Mitglieder fast vollzählig, obwohl wir tief in den Abend hinein tagen mussten. Das
ging an die Substanz. Die Massnahmen zur Förderung des Inländischen Arbeitsmarktpotenzial
könnte noch verbindlicher werden und ältere Arbeitnehmende brauchen einen besseren
Kündigungsschutz. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss stärker gefördert werden.
Sonst finde ich, die Kommission hat gute Arbeit geleistet. Denn die SVP hatte eine unklare Initiative
formuliert, wortgetreu umsetzen kann man die nicht, eine scharfe Umsetzung kostet die Bilateralen
Verträge und das schadet der Wirtschaft und dem Bildungsstandort massiv.


Die letzte Sessionswoche stand ganz im Zeichen der Altersvorsorge. Das Resultat der AHVplusAbstimmung nahmen FDP und SVP zum Anlass gemeinsam mit den Grünliberalen die Vorlage
auseinanderzunehmen, gleichzeitig distanzierten sie sich damit von ihren eigenen Beschlüssen in der Komission. Verschiedene kurzfristig eingereichte Einzelanträge von SVP und FDP
zerpflückten die Revision. Nicht gelungen ist es die weitere Behandlung zu torpedieren. Die
Entscheide waren aber absolut niederschmetternd, so können wir die Vorlage nicht mittragen. FDP
und GLP hatten am Montag ein völlig neues Konzept zur vollständigen Kompensation der
Rentenverluste durch die Senkung des Umwandlungssatzes innerhalb der 2. Säule zu
kompensieren. Denn zwischenzeitlich hatten sie gemerkt, dass ihre Mehrheitsentscheide zu
Rentenausfällen führten. Sie legten ein Paket vor, dass 4,5 Milliarden Franken kostet. Nebenbei, gegen AHVplus argumentierte man, dies wäre für die Wirtschaft nicht tragbar. Die FDP-GLP-Bastelei kommt aber vor allem die tiefen und mittleren Einkommen teuer zu stehen. Zwar hat man sich in der Debatte vom Vorschlag nicht überzeugt gezeigt, wollte damit aber einfach die 70 Franken AHV-Zuschlag versenken. Auch der automatische und undemokratische Mechanismus, um das Rentenalter auf 67 zu erhöhen, ging durch. Dass wir das Frauenrentenalter 64 kaum halten können, zeichnete sich ab. Es gelang aber in der
Kommission eine Mehrheit für einen Aufwertungsfaktor für die zu tiefen Frauenlöhne zu gewinnen.
Dieser wurde kurzerhand wieder gestrichen. Wir haben auf der ganzen Linie verloren. Das war ein
grosser Frust, denn ich war immer wieder optimistisch, dass wir ein paar offene Romands oder
auch Bauern, die meistens nicht über eine 2. Säule verfügen, überzeugen könnten. Überhaupt
haben wir die ganzen 9 Monate intensiv Gespräche geführt. Lobbyiert wurde von überall her. Ganz
hartnäckig waren Arbeitgeberverband und Economiesuisse, die uns ein 150-Seitiges Antragspapier
zustellten. Doch auch die Versicherungen haben erfolgreich gewirkt. Umverteilung Richtung hohe
Einkommen mit sehr hohen Kosten für die Wirtschaft ist das Resultat. Es war phasenweise eine absurde Debatte, weil die FDP-SVP Beschlüsse durchdrückten, die sie bis vor 10 Tagen noch völlig anders
beurteilten, so etwa die Abschaffung des Koordinationsabzuges und die Übergangsgeneration von
25 Jahren (vorher wollten sie 10 Jahre).
Wir haben in diesem Geschäft sehr gut mit der CVP zusammengearbeitet für die Stärkung der AHV.
Ich bin sehr gespannt, wie es im Ständerat weitergeht.


Nach derart happigen Debatten und dem grossen Frust, wie die Rentenreform zersaust wird, war es
umso nötiger den letzten Sessionsabend traditionell am gemeinsamen Fraktionsabendessen zu
verbringen. Gleichzeitig freue ich mich auf eine Wanderwoche im Tessin.