In der Gesundheitskommission beraten wir am 24. Januar erstmals über die Pflegeinitiative. Ein wichtiger Grund, weshalb ich diese Initiative im Initiativkomitee unterstütze, lieferte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn kürzlich im Sonntagsblick: Er wolle seine Ärzt*innen zurück. Und nicht nur die Ärzt*innen, sondern auch die Pflegefachleute. Die Aussage wirft das Licht auf eine unrühmliche Tatsache: Weil wir unseren Nachwuchs nicht selber ausbilden, fehlen nicht nur in den Nachbarländern, sondern vor allem auch in den ärmsten Ländern die Gesundheitsfachpersonen. Und damit werden solche Katastrophen wie die Ebolakrise 2014/2015 möglich.

Im Manifest „Gesundheitspersonalmangel nicht auf Kosten der Ärmsten beheben“  forderten 2012 Medicus Mundi und Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen SBK gemeinsam mit vielen andern Organisationen, dass die Schweiz ihre Hausaufgaben im Bereich Ausbildung und Erhalt des Gesundheitspersonal macht. Sie legten schon damals den Finger auf eine zutiefst unmoralisches und unsolidarisches Verhalten der reichen Staaten, den „Import“ von Gesundheitsfachpersonen aus dem Ausland. Denn wenn bei uns deutsche Pflegefachmänner und Ärztinnen arbeiten, fehlen sie nicht nur als Fachkräfte in Deutschland, sondern die Schweiz profitiert so auch bei den eingesparten Geldern für die Ausbildung.

Und leider hört das Domino hier nicht auf. Deutschland holt Gesundheitspersonal in Polen, Polen in der Ukraine. Das gleiche in Grün in der Romandie oder im Tessin. Der Care-Drain nimmt einfach andere Wege, das Resultat ist das gleiche: verwundbare Gesundheitssysteme in den ärmsten Ländern, wo pro 10’000 Personen nicht einmal eine Gesundheitsfachperson zur Verfügung stehen, wie die Weltkarte von worldmapper.org der Pflegepersonaldichte zeigt:

Die Karte zeigt die Grösse der Länder gemäss der Anzahl Pflegefachpersonen pro 10’000 Einwohner: je dicker ein Land, umso mehr Pflegefachpersonen.
(Quelle: Worldmapper.org). Das ganze pdf mit weiteren Informationen hier

Wenn dann noch eine tödliche, hochansteckende Krankheit wie Ebola auftritt, kollabieren diese Systeme unweigerlich. Dabei war Ebola „nur“ eine aufsehenerregende Katastrophe, fataler sind Krankheiten wie Malaria, die jährlich Millionen Opfer fordern. Sie töten nicht nur Menschen, sondern sie schwächen auch die wirtschaftliche Entwicklung, denn kranke Menschen können nicht arbeiten. Und die sie Pflegenden auch nicht. Und so kann sich auch die gesellschaftliche Stellung der Frauen nicht verbessern, denn sie sind es, die überall auf der Welt die Care-Arbeit leisten.

Mit der Volksinitiative für eine starke Pflege können wir einen Beitrag leisten gegen diese schreiende Ungerechtigkeit. Ich stelle nicht in Frage, dass Menschen ein Recht auf Migration haben. Aber es kann doch nicht angehen, dass wir froh darüber sein müssen, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland so schlecht sind, dass es für die deutschen Gesundheitsfachpersonen attraktiver ist bei uns zu arbeiten. Und es geht doch nicht an, dass Länder wie die Ukraine die Ausbildungskosten für unsere Gesundheitsfachpersonen übernehmen müssen!Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass die Vogel-Strauss-Politik des Bundesrats, der die Pflegeinitiative ohne Gegenvorschlag ablehnt, auf Kosten der Ärmsten geht.

Am Donnerstag können meine Kolleginnen und Kollegen von der SGK-N die Weichen richtig stellen. Dafür werde ich mich mit allen Mitteln einsetzen.

Mehr Informationen zur globalen Care-Migration gibt es bei Medicus Mundi und bei der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Auf beiden Seiten steht auch der WHO-Kodex zur Rekrutierung von Gesundheitspersonal zur Verfügung, den die Schweiz unterzeichnet hat.