Für einmal war es auch zwischen den Sessionen sehr bewegt. Kaum war die Herbstsession zu Ende hat Ständerat Paul Rechsteiner seinen Rücktritt auf Ende Wintersession bekannt gegeben. Eine beispiellose Politkarriere, stets im Dienst der Menschen geht zu Ende. Ich habe innert Wochenfrist meiner Kantonalpartei signalisiert, dass ich Lust habe und bereit bin, diesen Ständeratssitz für das linksgrüne St. Gallen zu verteidigen. Am 16. November wurde ich nominiert und bin seither bereits an zahlreichen Anlässen und Veranstaltungen gewesen. Die Kampagne nimmt langsam, aber sicher Gestalt an. Es gibt einiges zu tun, doch ich freue mich sehr auf diesen Wahlkampf. Selbstverständlich freue ich mich über jegliche Unterstützung.

Überraschend kam auch der Rücktritt unserer Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Sie hatte uns als Bundespräsidentin durch die Pandemie geleitet und war jetzt in der Energieversorgungskrise voll gefordert. Der private Schicksalsschlag liess sie aber die Prioritäten neu setzen. Simonetta Sommaruga hat mich immer wieder beeindruck, wie gradlinig sie die Probleme angegangen ist und wie geschickt sie die verschiedenen Kräfte eingebunden hat.

Simonetta und Paul gebührt mein riesiger Dank für ihre wichtige und wirksame Arbeit für unser Land und die Menschen.

Spannend bis zum Schluss waren die Bundesratswahlen. Gross war die Überraschung über die erste jurassische Bundesrätin. Als Sozialarbeiterin freut es mich sehr, dass mit ihr eine Frau, die sich stark in der Sozialpolitik engagiert, gewählt wurde. Für mich war immer klar, dass der Sitz der SP mit einer Frau besetzt werden muss und wir darum ein Frauen-Ticket zur Wahl vorschlagen müssen. Was dann in diesen Wochen geschrieben und gesagt wurde über die verschiedenen Kandidatinnen, hat mich schockiert. Die Zuschreibungen und Beurteilungen waren leider oft grenzüberschreitend. Ich bin stolz, dass meine Partei zahlreiche, bestens qualifizierte Frauen hat. Für mich hatte jedoch von Anfang der Ständeratswahlkampf Priorität.

Unvergleichlich und besonders war die Feier letzten Donnerstag für die neugewählte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Sie führte uns nach Delément der jurassischen Hauptstadt, wo sich über 5000 Menschen einfanden, und Les Bréleux, ihrem Wohnort. Die Freude der Jurassierinnen und Jurassier, die mit uns gemeinsam diesen ersten Bundesratssitz für ihren Kanton feierten war überwältigend, die Feier sehr schön gestaltet und die Reden gehaltvoll.

 

Grosse Herausforderung für die Bundesfinanzen

Die diesjährige Budgetdebatte verlief einigermassen ruhig, ohne Kürzungen und mit wenigen Aufstockungen – z.B. bei der Landwirtschaft (alle Jahre wieder). Doch die kommenden Jahre werden herausfordernd sein. Verschiedene zukünftige Ausgaben, insbesondere die massive Aufstockung des Armeebudgets, aber auch die angedachten Ausgaben für Kitas und Prämienverbilligung und der Abbau der Coronaschulden belasten den Haushalt. Und auf der anderen Seite brechen wegen beschlossener oder geplanter Steuererleichterungen Einnahmen weg. Absolut unnötig ist etwa die Einführung der Tonnagesteuer, die zu nicht abschätzbaren Steuerausfällen führen wird und dennoch gegen unseren Widerstand beschlossen wurde. Es braucht dringend Anpassungen und den Verzicht auf diese grossen Einnahmenausfälle, sonst wird ein grösseres Sparpaket notwendig werden. Für mich sind die Prioritäten bei den sozialpolitisch wichtigen Projekten. Bereits im Januar werden wir in der Finanzkommission über die Eckwerte eines schuldenbremsenkonformen Voranschlags 2024 sprechen.

Grossen Einfluss auf die Finanzen und die internationale Steuergerechtigkeit hat die OECD-Steuerreform. Es ist wichtig, dass wir unsere Gesetzgebung hier anpassen und eine international konforme Besteuerung einfordern. Dass nun aber die Mehrheit beschlossen hat, dass von den Einnahmen nur 25% dem Bund zufliessen und 75% beim Standortkanton verbleiben, bevorzugt die finanzstarken (Standort)Kantone massiv. Wir haben vergeblich für einen höheren Bundesanteil gekämpft. Ein Unterfangen, das auch die St. Galler Regierung als richtig empfindet. Denn sie weiss, dass der Bund mit diesen Mitteln eine breitere Wirkung erzielen kann.

 

Herausforderungen in der Sozialpolitik und unverständliche Ständeratsentscheide

Von den Geschäften meiner Sozial- und Gesundheitskommission war mir die 13. AHV-Rente besonders wichtig. Eine Erhöhung der AHV-Renten ist dringend, leben doch rund 40% der Rentner:innen vorwiegend von der AHV. Doch die Volksinitiative war leider chancenlos.

Bis in die Einigungskonferenz ging das Geschäft der Regulierung der Versicherungsvermittler:innen. Der lästigen Telefonwerbung für Krankenversicherungen und Zusatzversicherungen soll über eine Branchenregulierung Einhalt geboten werden. Kreise um die Versicherer versuchten bis zum Schluss zu erreichen, dass die Regelung nur für die externen Vermittler:innen gelten soll. Ich konnte zum ersten Mal eine Einigungskonferenz präsidieren. Die Ratsrechte taktierte dabei und verhalf dem Bundesratsvorschlag zur Mehrheit, indem sie sich der Stimme enthielt. Ihre Taktik, so die gesamte Vorlage zum Absturz zu bringen, ging dann zum Glück nicht auf und das Ergebnis wurde angenommen. Mitgeholfen haben diverse Gespräche, die ich noch geführt und für Ja-Stimmen geworben hatte.

Verschiedene wichtige Geschäfte wurden im Ständerat behandelt. Auf die BVG-Entscheide wurde mit Spannung gewartet. Das Ergebnis ist enttäuschend und vor allem für Menschen aus dem Tieflohnbereich eine äusserst teure Lösung. Zwar soll ein wesentlich grösserer Teil des Lohns in der 2. Säule versichert werden, doch die Lohnabzüge dafür sind enorm. Auch für die Frauen heisst es zukünftig, tief in die Tasche greifen für wenig Rente. Die Kompensation der rund 12-prozentige Rentensenkung soll nur gerade für einen Viertel der Rentenbeziehenden der ersten 15 Jahrgänge vollständig ausfallen. Alle anderen bekommen keinen oder einen gekürzten Zuschlag. Frauen ab 55, die erst mit der Senkung des Koordinationsabzugs BVG-pflichtig werden, gehen gar leer aus. Das ist absolut unverständlich. Eine solche Vorlage widerspricht den Versprechungen im Abstimmungskampf zur AHV21.

Enttäuschend und die Sorgen der Menschen missachtend war auch der Entscheid des Ständerats auf Nichteintreten zum indirekten Gegenvorschlag zur Prämienentlastungsinitiative. Der Nationalrat hatte eine grosszügige Lösung vorgeschlagen, die die ständerätliche Gesundheitskommission bereits zusammengestrichen hat. Ein Einzelantrag des St. Galler Ständerats Beni Würth führte dann zum Nichteintreten. Die Prämien steigen um mehr als 6%, viele Haushalte kommen in grosse Schwierigkeiten, doch die bürgerliche Mehrheit des Ständerats will nichts tun. Auch der Vorstoss, die Prämienverbilligung für 2023 kurzfristig zu erhöhen, wurde abgelehnt. Einzig der vollständige Teuerungsausgleich auf den Renten wurde unterstützt.

Bedenklich ist, wie beide Räte die Rechte der Arbeitnehmenden schwächt. Der Ständerat mit der Gutheissung eines Vorstosses das Arbeitsrechts aushöhlt. Der Nationalrat mit der Gutheissung einer Motion aus dem Ständerat, die erlaubt, dass Gesamtarbeitsverträge kantonale Mindestlöhne unterbieten können.

 

Nur JA heisst Ja

Die Reform des Sexualstrafrechtsrechts ist ein Meilenstein. Nur Ja heisst Ja ist ein grosser Fortschritt. Sexuelle Handlungen sind nur dann in Ordnung, wenn beide Beteiligten ihre Zustimmung gegeben haben. Damit wird Frauen endlich das Recht gegeben, über ihren Körper zu entscheiden. Die «Nein-heisst-Nein»-Lösung hätte das nicht getan. Sie wäre davon ausgegangen, dass der Frauenkörper frei verfügbar ist und erst wenn sie Nein sagt oder sich wehrt, sexuelle Gewalt ausgeübt wird.

 

Wie immer haben auch zahlreiche weitere wichtige Entscheide haben die Session geprägt und wie immer habe ich vor allem auf diejenigen fokussiert, in denen ich involviert bin. Dazu gehört auch das erste Paket zur Umsetzung der Pflegeinitiative. Ich bin sehr glücklich, dass wir ein Jahr nach der Abstimmung schon Gesetze unter Dach und Fach gebracht haben, damit sich die Situation in der Pflege verbessert.

Ich wünsche euch besinnliche Weihnachtstage und alles Gute für das kommende Jahr.