Für einmal war es eine Session ohne grosse Debatten zur Sozial- und Gesundheitspolitik im Nationalrat. Engagiert in diesen Themen war ich wegen der Abstimmungen vom letzten Sonntag dennoch stark. Bei der Prämienentlastungsinitiative habe ich entscheidend mitgewirkt, war ich doch ab Beginn mit dabei und hatte den Initiativtext mitverfasst. Ich war noch während der Session im Abstimmungskampf aktiv und hatte bis zum Schluss gehofft, dass es zumindest für ein Volks-Ja reichen könnte. Über die Ablehnung bin ich enttäuscht. Die millionenschwere Gegenkampagne, die ständigen Diskussionen über die Probleme mit den Bundesfinanzen und das Infragestellen der Solidarität waren einige der Gründe, die zum Scheitern führten. Die Diskussionen, wie die Prämienbelastung der Menschen mit unteren und mittleren Einkommen gesenkt werden kann, und wie die Kosten gedämpft werden können, gehen indes weiter. In der SP verfolgen wir das Projekt der öffentlichen Krankenkasse mit regionaler Ausprägung und bereiten eine neue Volksinitiative vor. In der Gesundheitskommission laufen die Arbeiten für die Plafonierung der Löhne der Krankenkassenmanager:innen und deren Verwaltungsräte.

Diese Session habe ich auch genutzt, um zahlreiche Gespräche mit verschiedensten Personen zu führen. Ich traf mich mit Ideengeber:innen aus der Bevölkerung, die Einsparvorschläge einbrachten, resp. alternative Behandlungsmethoden fördern wollen. Ich besprach mich mit Engagierten für eine bessere Versorgung von Menschen, die an ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrom) leiden. Ich hatte einen Austausch zum Thema korrekte Abrechnung von Trinkgeldern im Gastgewerbe und schaute dann mit der Verwaltung, wie das weiterbearbeitet werden kann. Gespräche führte ich zur Vernehmlassung zur zweiten Etappe der Umsetzung der Pflegeinitiative. Zudem fand ein Apéro mit Vertreter:innen der Jugendsession statt. Wie immer gab es diverse Besuche von Schulklassen. So besuchten mich zwei Primarschulklassen aus Bazenheid während ihres Klassenlagers und immer in der Sommersession kommt die Berufsschule Uzwil mit ihren zweiten Klassen. Diesen Austausch finde ich enorm wichtig, um junge Menschen für das politische Geschehen zu interessieren und sie zu motivieren, sich einzubringen.

Der Besuch unseres Parlaments durch den ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk wird mir in besonderer Erinnerung bleiben. Er wurde im Nationalratssaal offiziell begrüsst. In der Mittagspause hielt er eine Rede und beantwortete unsere Fragen. Ich bin beeindruckt von der Resilienz der Bevölkerung. Es ist wichtig, dass wir unsere Solidarität im Kampf gegen den russischen Agressor ausdrücken, uns für eine dauerhafte Friedenslösung einsetzen und Überlebens- und Wiederaufbauhilfe leisten. Dass diese finanziellen Mittel bei der Entwicklungszusammenarbeitshilfe bei den ärmsten Ländern des globalen Südens eingespart werden sollen, darf jedoch nicht sein. Wir müssen die Wiederaufbauhilfe über einen ausserordentlichen Kredit finanzieren.

Dass wir gleich zu Beginn der Session den Angriff auf die Aufnahme geflüchteter afghanischer Frauen abwehren konnten, war sehr wichtig. Dennoch ist in vielen Abstimmungen spürbar, wie sich der Nationalrat nach rechts bewegt. Wie immer haben wir zahlreiche Geschäfte behandelt. Ich konzentriere mich im Sessionsbrief auf meine Kernthemen.

 

Gesundheitswesen: Datenaustausch verbessern und Digitalisierung vorantreiben

Zwei Geschäfte konnten wir nun fertig beraten. Mit einem besseren Datenaustausch und der Nutzung der Daten für die Forschung kann ein Mehrnutzen generiert werden. Die Versuche der SVP, diese Vorlage für ihre Zwecke zu missbrauchen und die Statistiken mit Nationalitätenangaben zu ergänzen, konnten gestoppt. resp. auf einen Vorstoss umgelenkt werden. Ein grosser bürokratischer Zusatzaufwand ohne gesundheitlichen Mehrwert wäre das gewesen. Denn nicht die Nationalität sagt etwas aus, sondern die Sprache oder die Schichtzugehörigkeit sind Faktoren, die für die Gesundheit relevant sein können.

Digitalisierung im Gesundheitsweisen ist ein Gebot der Stunde. Die sinnvolle Nutzung soll vorangetrieben werden. Das geht allerdings nicht ohne Investitionen, was mit Digisanté nun realisiert wird. Wir werden uns in der Kommission regelmässig über dieses 10-Jahre-Projekt informieren lassen.

Das Kostendämpfungspaket 2 wurde erst Ende der dritten Woche im Ständerat behandelt. Zu den Medikamentenpreisen hat der Ständerat einen wegweisenden Entscheid gefällt mit Ausgleichszahlungen bei denjenigen Medikamenten, die hochpreisig sind und gleichzeitig in hohen Mengen verkauft werden. Das Lobbying für und gegen diesen Gesetzesartikel hat bei uns längst begonnen. Die offenen Differenzen werden wir bereits nächste Woche in der Gesundheitskommission behandeln.

 

Viele Vorstösse «abgearbeitet» – die Geschichte meines Inklusionsvorstosses

Wie schon in der Sondersession haben wir wiederum viele Vorstösse behandelt, auch zur Sozial- und Gesundheitspolitik. Die Überweisung eines Postulats zur Überprüfung des Leistungskatalogs in der obligatorischen Grundversicherung im KVG finde ich problematisch. Meine Motion zur Stärkung der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen wurde leider abgelehnt, trotz breiter Unterstützung von Betroffenen. Diesen Vorstoss hatte ich vor mehr als zwei Jahren zusammen mit Islam Alijaj erarbeitet. Zuerst gingen ein paar Mails zwischen uns hin und her, dann traf ich mich im Bundeshaus zum Gespräch mit Islam. In der Folge arrangierte ich ein Treffen mit den zuständigen Personen aus dem Bundesamt für Sozialversicherungen. Das brachte allerdings keine Resultate. So kamen wir zum Schluss, dass nur ein Vorstoss eine Verbesserung bringen kann. Weil der Bundesrat das Anliegen, dass Organisationen der Selbstvertretung direkt von Bundesgeldern profitieren sollen, ablehnt, wurde der Vorstoss nun erst nach eineinhalb Jahren endlich behandelt. Mit im Nationalratssaal war der ursprüngliche Initiant des Anliegens, Islam Alijaj, mittlerweile Nationalrat und mein Sitznachbar. Ich freue mich, dass er heute seine Anliegen direkt im Parlament einbringen kann!

 

Schuldenbremse, Armeefinanzen und unsorgfältige Abbauvorgaben

Der Ausbau des Armeebudgets auf 1 Prozent des BIP bis 2035 wurde in der Wintersession nach hartem Ringen beschlossen. Doch die Ausbauwünsche sind grösser und gleichzeitig sollten auch Mittel für den Wiederaufbau in der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Der «15-Milliarden-Deal», der im Ständerat geschnürt werden sollte, der diese Mittel ausserhalb des ordentlichen Haushalts budgetieren wollte, scheiterte. Stattdessen wurde – wieder einmal – mit einem Einzelantrag aus dem Rat ein unausgegorener, nicht vorabgeklärter Vorschlag gutgeheissen, der die rasche Aufstockung der Armeeausgaben um 4 Milliarden ermöglichen und sämtliche Zusatzaufwendungen in der laufenden Rechnung kompensieren will. Zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bundesrat bereits an einem Kürzungsprogramm arbeitet, und 2024 schon zum zweiten Mal nach 2023 im laufenden Budget Querschnittskürzungen mit starken internen Auswirkungen umgesetzt hat. Der Kahlschlag bei der Entwicklungszusammenarbeit und weitere massive Kürzungen im allgemeinen Bundeshaushalt oder beim Personal sind unseriös und kaum umsetzbar.

 

Nach der Schlussabstimmung ging es für einmal nicht nach Hause, sondern nach St. Gallen an den Feministischen Streik. Am Samstag geniesse ich dann das «rockamweier» vor unserer «Gartentüre». Dann bleibt nur kurze Zeit für die Vorbereitung der nächsten Sitzung der Sozial- und Gesundheitskommission.