Drei ausserordentliche Sessionen und eine dringliche Debatte befrachteten das dichte Sessionsprogramm zusätzlich. Im Zentrum standen nebst dem Teuerungsschub wichtige Beschlüsse zu Energieversorgung und Versorgungssicherheit. Wir behandelten mit der Gletscherinitiative und der Biodiversitätsinitiative zudem zwei Volksinitiativen, die einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise sowie zur Energiesicherheit leisten und zu denen substanzielle indirekte Gegenvorschläge verabschiedet wurden.

In meinen Kerndossiers, der Sozial- und Gesundheitspolitik, gab es in dieser Session wenige Geschäfte. Die Abstimmung über die AHV 21-Vorlage nahm aber einigen Raum ein und diese Woche auch die Bekanntgabe der massiven Erhöhung der Krankenkassenprämien.

 

AHV, BVG und wie es weiter geht

Die Erhöhung des Frauenrentenalters habe ich bis zum Schluss in einem aktiven Abstimmungskampf bekämpft. Ich war am Sonntag enttäuscht, denn viele Frauen, namentlich aus der Pflege, dem Verkauf oder der Reinigungsbranche, trifft es hart. Der äusserst knappe Ausgang zeigt, wie umstritten die Rentenaltererhöhung für Frauen war, weitergehende Rentenaltererhöhungen sind damit bis auf weiteres ausgeschlossen. Trotz aller Enttäuschung heisst es jetzt nach vorne schauen und Taten einfordern. Das Parlament hat eine grosse Verantwortung, dass die gemachten Versprechen nun auch umgesetzt werden und die Frauen nicht das Nachsehen haben. Es muss generelle Rentenverbesserungen vor allem für weniger Verdiendende aufgleisen, die Lohngleichheit durchsetzen und auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. In der beruflichen Vorsorge muss der Ständerat nun endlich vorwärts machen. Teilzeitarbeit muss besser versichert, die Lösung auch finanzierbar sein und darf nicht Unsummen vom Gehalt wegfressen. Weil BVG-Veränderungen aber nicht so schnell wirken – sie haben einen Zeithorizont von über 30 Jahren -, braucht es auch hier sozial finanzierte Rentenzuschläge. Damit am Schluss nicht alles leere Worte bleiben, haben wir einige Vorstösse eingereicht. Ich fordere Sanktionsmassnahmen, wenn die Lohngleichheit verletzt wird.

Kaufkraft stärken mit Teuerungsausgleich und Prämienverbilligung

Die massive Teuerung drückt aufs Portemonnaie von Vielen. Gemeinsam mit der Mitte-Partei hatten wir bereits im Sommer Vorstösse zum vollständigen Teuerungsausgleich auf AHV- und IV-Renten sowie eine Erhöhung des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligung für das nächste Jahr eingereicht. Ab 2024 sollte dann die Prämienentlastungsinitiative oder allenfalls der Gegenvorschlag wirken. Beides ist leider derzeit im Ständerat blockiert. Der Nationalrat hat in der ausserordentlichen Kaufkraftsession die Vorstösse knapp gutgeheissen, der Ständerat anfangs dieser Woche nur die Forderung der Teuerung auf den Renten sehr deutlich unterstützt. Die Prämienverbilligung wurde in die Kommission überwiesen. Wie dringend nötig Massnahmen sind, zeigt der massive Prämienanstieg auf 2023, den Bundesrat Berset am Dienstag verkündete. Durchschnittlich 6,6% mehr, im Kanton St. Gallen gar 6,8%. Die bereits hohen Belastungen für Familien aber auch Rentner- und Einzelhaushalte steigen noch mehr.

Gesundheitspolitische Schritte

Der Ständerat hat einstimmig die erste Etappe der Umsetzung der Pflegeinitiative beschlossen. Eins zu eins wurde der ursprüngliche Gegenvorschlag mit der Bildungsoffensive und der eigenverantwortlichen Abrechnungsmöglichkeit für die Pflege gutgeheissen. Wir werden das Geschäft bereits in der nächsten Kommissionssitzung der SGK-N behandeln. Damit es auch bei uns rasch und erfolgreich durchgeht, nutzte ich die Zeit um mit einigen Kommissionskolleg:innen bereits Wichtiges zu besprechen. Wie dringend nötig das Handeln ist, erlebte ich an einer Veranstaltung des SBK (Berufsverband der Pflegefachpersonen) in St. Gallen vor 10 Tagen. Ich durfte über den Stand der Arbeiten auf nationaler Ebene informieren, eine Vertreterin des Kantons über die kantonalen Arbeiten. In der anschliessenden Diskussion kamen sowohl Ausbildungsorganisationen wie auch HF-Studierende zu Wort und zeigten den Druck im Arbeitsalltag auf. Leider will St.Gallen erst ab 2025 in die Umsetzung gehen, viel zu spät.

Verbesserungen der Finanzierung an die Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen war Thema eines Vorstosses meiner Kommission. Ich hatte das Anliegen eingebracht und war auch Sprecherin der Kommission. Die Gutheissung des Vorstosses hat mich sehr gefreut.

Energieversorgung sichern, Klimakrise bekämpfen und Umweltschutz einhalten

Die drohende Mangellage für den kommenden Winter, der Rettungsschirm für Axpo und die beiden Volksinitiativen (Gletscher und Biodiversität) gaben viele Stunden zu reden und führten zu unzähligen zusätzlichen Sitzungen. Es wurde hart gerungen, hitzig debattiert und ein intensives Lobbying betrieben. Dennoch ist es gelungen einen guten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative zu erreichen. Biodiversität ist unsere Lebensgrundlage, der wir Sorge tragen müssen. Auch bei der Gletscherinitiative gab es einige Erfolge. Der Gegenvorschlag wurde in Rekordzeit in beiden Räten behandelt. Die schlimmsten Eingriffe in den Naturschutz wurden zum Glück verhindert. Dennoch geht man sehr weit und auch die Verfassungsrechtlichen Kompetenzen werden tangiert. Leider wurde auch die Solarpflicht für Neubauten abgeschwächt, obwohl sie bereits 19 Kantone kennen.

Finanzdebatten, Armeebeschlüsse und ein Generalangriff aufs Bundespersonal

Immer wieder wurde der Mahnfinger hochgehalten, die Bundesfinanzen nicht noch stärker zu strapazieren. Allerdings wird das von Mitte-rechts bei Steuersenkungsvorlagen oder Armeeausgaben jeweils ganz anders gehandhabt. Mit der Gutheissung der Armeebotschaft, der generellen Aufstockung der Mittel und dem Kaufentscheid für die F35-Kampfjets wird zukünftig enorm viel Geld in die Armee gebuttert. Zu viel in meinen Augen. Weniger, günstigere und keine kampffähigen Jets hätten es auch getan. Nachdem Bundesrätin Amherd noch vor Sessionsende den Kaufvertrag für die F35 unterzeichnete, sind weitere Diskussionen und die Volksabstimmung vom Tisch.

Ganz zum Schluss der Session ging es im Nationalrat noch einmal um ein sehr umstrittenes Geschäft. Die Abschaffung des Eigenmietwerts würde Eigentümer:innen von Wohneigentum gegenüber Mieter:innen deutlich besserstellen und es käme zu riesigen Steuerausfällen von bis zu 3,8 Milliarden Franken. Obwohl der Eigenmietwert auch für viele junge Familien oder Rentner:innen eine Belastung darstellt, ist dieser Systemwechsel nicht vertretbar. Seit Jahren macht die Hauseigentümerlobby Druck. Unser Nichteintretensantrag blieb leider chancenlos. Mit einer Rückweisung in die Kommission kann das Geschäft verzögert, hoffentlich entschärft oder am Ende gar doch noch gebodigt werden. Falls nicht, wird ein Referendum unumgänglich sein.