Letzten Montag morgen bot sich uns Parlamentarier*innen ein ungewohntes Bild. Über die Nacht hatten Klimaaktivist*innen den Bundesplatz besetzt. Es war der Auftakt von «Rise up for Change»: Mit der Aktionswoche wollen die Aktivist*innen darauf aufmerksam machen, dass es höchste Zeit ist, die Klimakatastrophe noch abzuwenden, deren Folgen unser Vorstellungsvermögen übersteigen.

 

Demonstrationen auf dem Berner Bundesplatz sind während der Session verboten. Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier sollen «ungestört» zu unserem Arbeitsplatz gelangen können. Die Bevölkerung soll ihren Anliegen nur dann Ausdruck geben, wenn wir nicht da sind. Das ist mehr als fragwürdig, denn schliesslich sind wir von ihr gewählt und es ist unsere Aufgabe, ihre Interessen zu vertreten.

 

Die Aktivist*innen verlangen griffige Massnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe. Mit dem nun verabschiedeten CO2-Gesetz haben wir zwar einen Schritt in die richtige Richtung getan, aber es reicht nicht. Auch die Forderung nach einem Wirtschaftssystem, das den Planeten nicht zugunsten des kurzfristigen Profits ausbeutet und der Ruf nach Klimagerechtigkeit stossen bei mir auf offene Ohren und entsprechen meiner Politik. Man verlangt von uns, die Wissenschaft ernst zu nehmen, die klar zeigt, dass auf dem besten Weg sind, diesen Planeten sehenden Auges an die Wand zu fahren.

 

Die Aktion vor dem Bundeshaus mag illegal gewesen sein. Aber sie war legitim. Die Besetzung war kreativ und bis zum letzten Moment gewaltlos. Auch die Corona-Massnahmen wurden strikt befolgt, etwa indem konsequent Masken getragen wurden.

 

Am Mittwoch war der Platz geräumt. Dumm nur, dass man den Klimawandel nicht mit Hilfe der Polizei aus dem Weg schaffen kann. Die Tatsache, dass die Klimakatastrophe insgesamt weit schwerwiegendere wirtschaftliche und soziale Folgen haben wird als die Covid-19-Pandemie, wird immer noch ignoriert.

Dieser Text ist als Sonntagskolumne am 27.9.2020 in die ostschweiz erschienen.