Die Debatte zur Altersvorsorge 2020 ist in der heissen Phase – im Parlament, aber auch ausserhalb. Ein Scheitern wäre gerade aus linker Sicht fatal. Denn der Ständeratskompromiss bringt erstmals eine Erhöhung der AHV-Renten, die in Kombination mit dem neuen Teilzeitmodell bei der 2. Säule, zu einer guten Lösung für Frauen und tiefe und mittlere Löhne führt und mit tragbaren Lohnabzügen finanziert wird.
Es ist offensichtlich, dass die Reform zwei Negativ-Punkte aufweist: Die Senkung des Umwandlungssatzes und die Erhöhung des Frauenrentenalters. Aber zu glauben, dies könne bei einer Neuauflage der Reform abgewendet werden, ist leider Wunschdenken. Die harten Debatten haben gezeigt in welche Richtung die Pläne der rechts-bürgerlichen Parteien gehen: Länger arbeiten, mehr private Versicherungen, ein noch tieferer Umwandlungssatz und die Schwächung der AHV.
Die Nationalratsmehrheit will die Altersvorsorge massiv verschlechtern. Mit den vorgeschlagenen 0,6 Mehrwertsteuerprozenten würde die AHV rasch in eine Unterfinanzierung kommen, womit ihr Interventionsmechanismus mit Rentenalter 67 zum Zug käme. Und das vor dem Hintergrund, dass die Pensionskassen bereits heute die Umwandlungssätze auf teilweise unter 5 Prozent senken. Das hiesse: Länger arbeiten für weniger Rente.
In beiden Modellen bringt die Reform eine Flexibilisierung des Altersrücktritts und die Möglichkeit bei längerer Arbeitszeit Lücken in der AHV zu füllen. Das ist gerade auch für tiefere Einkommensgruppen, die heute aus finanziellen Gründen länger arbeiten müssen und dies aber nicht für eine Rentenverbesserung nutzen konnten, ein grosser Fortschritt.
Die Kompromiss-Vorlage, das Ständeratsmodell, hat aber einige wesentliche Verbesserungen hervorgebracht, die bei einem Scheitern gefährdet sind:
- Es ist gelungen die aktuellen Renten zu verschonen und es gibt keine Verschlechterungen beim Mischindex (regelmässige Anpassung auf Grund der Teuerung).
- Abstriche bei Kinder- und Witwenrenten konnten verhindert werden.
- Eine bessere und tragbare Versicherung von Teilzeitarbeit und tiefen Einkommen in der 2. Säule wird Realität. Konkret heisst das:
- Eine bessere Absicherung älterer Arbeitnehmenden in der 2. Säule im Falle von Arbeitslosigkeit, weil sie in der ursprünglichen Pensionkasse verbleiben können.
- Die Sicherung der AHV dank einem Mehrwertsteuer-Beitrag von 1 Prozent. Die Mehrwertsteuer müsste schrittweise um 0,7 Prozent erhöht werden und die 0,3 Prozent, die bis 2017 für die IV-Schulden erhoben werden, würden ab 2018 für die AHV genutzt.
- Ein Zuschlag von monatlich 70 Franken zur AHV-Einzelrente und die Erhöhung des Ehepaarplafonds auf 155 Prozent der erhöhten AHV-Einzelrente.
Das sind Verbesserungen, die hart erkämpft werden mussten. In erster Linie sind es Verbesserungen für die Frauen und die unteren und mittleren Einkommen.
Mit dem Zuschlag zur AHV von 70 Franken pro Monat werden ihre Rentenleistungen verbessert. Für diesen Zuschlag sind aber gerade mal 0,15 Lohnprozente für Arbeitnehmende und Arbeitgebende nötig. Dieser Zuschlag kommt auch denjenigen zu gute, die keine zweite Säule haben. Das sind rund 500’000 Frauen. Das ist historisch: Seit 40 Jahren ist es zum ersten Mal gelungen eine Erhöhung der AHV-Renten zu erreichen.
Auch bei den Anpassungen in der 2. Säule ist das Ständeratsmodell die tragbarere Lösung, die zu einer deutlich besseren Absicherung von Teilzeitarbeit in der 2. Säule führt. Die Vollständige Abschaffung des Koordinationsabzuges würde gerade für die Tieflöhne zu massiv höheren Lohnabzügen führen. Das Ständeratsmodell mit dem prozentualen Koordinationsabzug von 40% des AHV-Lohnes (wobei der minimaler Abzug 14’100 und der maximale 21’500 beträgt) kommt mit wesentlich geringeren Lohnbeiträgen aus. Das ist wichtig, denn, Wenn hingegen jemand mit 30’000 oder 40’000 Jahreseinkommen eine Verdoppelung der Lohnabzüge hinnehmen muss – wie es das Nationalratsmodell vorsieht –, dann fehlt ihr oder ihm und ihren Familien das Geld für den Lebensunterhalt im hier und jetzt. Gerade allein erziehende Frauen kämen damit in eine schwierige Situation.
Wir brauchen eine Altersreform, denn die demographische Veränderungen führen zu einem finanziellen Mehrbedarf bei der AHV. Die Pensionskassen-Renditen sind im Sinkflug, weshalb wir kaum um eine Anpassung des Umwandlungssatzes herumkommen.
Mit der Ständeratslösung erreichen wir markante Verbesserungen für die arbeitenden Menschen, Rentnerinnen und Rentner und insbesondere für die Frauen, die wir nicht gefährden sollten.