Die Pflege leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesundheitsversorgung. Bessere Bedingungen für sind wichtig für eine gute Qualität sowie für die Patienten- und Versorgungssicherheit. Zudem wirken sie auch dem Pflegenotstand entgegen.

Der Nationalrat diskutierte in der Wintersession die Volksinitiative für eine starke Pflege und den indirekten Gegenvorschlag. Ausgangspunkt ist die Pflegeinitiative. Sie fordert bessere Rahmenbedingungen für die Pflege und die Aufwertung des Pflegeberufs, der im Krankenversicherungsgesetz als Hilfsberuf definiert wird. Denn wir haben einen steigenden Bedarf nach Pflegeleistungen. Die demografische Alterung führt zu einer starken Zunahme von chronisch- und mehrfacherkrankten Menschen.

Ausbilden statt rekrutieren

Auf der anderen Seite haben wir in der Schweiz ein grosses Problem: Wir bilden nicht einmal die Hälfte des Bedarfs an diplomierten Pflegefachpersonen aus. 46 Prozent des ausgebildeten Personals steigt wegen der schlechten Arbeitsbedingungen frühzeitig aus dem Beruf aus. Bis ins Jahr 2030 fehlen uns 65‘000 Pflegende. Bis anhin hat es sich die Schweiz einfach gemacht: Wir rekrutieren die fehlenden Fachkräfte im Ausland. Auf Dauer geht das nicht auf, denn es droht weltweit ein Pflegemangel. Und wir können auch nicht länger auf Kosten anderer Länder unseren Pflegenotstand beheben. Für die SP ist klar, dass es wirksame Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Förderung der Ausbildung braucht.

Im Nationalrat wurden die Zeichen der Zeit erkannt. Mit unserer tatkräftigen Hilfe wurde ein griffiger Gegenvorschlag verabschiedet. Kernstück ist eine Ausbildungsoffensive. Mit einer Ausbildungsverpflichtung für Betriebe und der finanziellen Unterstützung von angehenden diplomierten Pflegefachpersonen während ihrer Ausbildung soll die Zahl der Ausgebildeten gesteigert werden. Das ist nötig, weil in den höheren Fachausbildungen die Stipendien nicht mehr greifen. Der Bund soll für die nächsten acht Jahre rund 470 Millionen Franken für die Ausbildungsförderung bereitstellen. Die Kantone müssen dann diesen Betrag verdoppeln.

Eine Ausbildungsoffensive alleine reicht aber nicht, wenn die Attraktivität des Berufes nicht gestärkt wird. Die Aufwertung und rechtliche Anerkennung der Pflege ist ein wichtiger Schritt. Der Einsatz soll nach den Kompetenzen erfolgen. Wichtig ist auch die eigenständige Abrechnungsmöglichkeit mit den Krankenkassen für bestimmte Pflegeleistungen. Sie wertet den Beruf auf und hat auch kostendämpfende Wirkung, weil es nicht mehr für alles eine ärztliche Konsultation braucht.  Im Nationalrat haben die Krankenkassen, namentlich der Verband Curafutura, versucht, eine Form der Aufhebung des Versicherungszwangs ins Gesetz einzubauen. Das wäre aber eine grobe Missachtung des Willens der InititiantInnen gewesen und hätte die Macht der Versicherer weiter ausgebaut. Dank gezieltem Lobbying ist es uns gelungen, die Mehrheit zu drehen und unseren Vorschlag durchzubringen. Die neuen Mehrheiten im Parlament beginnen zu wirken.

Es fehlen GAV

Noch ist der Gegenvorschlag jedoch ungenügend. Es ist uns nicht gelungen, eine Verpflichtung zur Schaffung von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und zur Sicherstellung der Qualität über einen verbindlichen Personalschlüssel ins Gesetz zu schreiben. Der Ball liegt jetzt beim Ständerat. In enger Zusammenarbeit mit dem Kommissionspräsidenten, unserem Ständerat Paul Rechsteiner, versuchen wir, die fehlenden Punkte mit kreativen Lösungsvorschlägen mehrheitsfähig zu machen. Wir haben es in der Hand, unsere Versorgung mit Pflege und unsere Sicherheit als Patientinnen und Patienten sicherzustellen.

Dieser Text ist im links 1/2020 der SP Kanton St. Gallen erschienen.