Une grande chaleur, teils hitzige Debatten und die Sondersession für die Soforthilfe für Blatten prägten viele Tage der Sommersession. Im Nationalrat gab es zudem lange Debatten zu den zwei Volksinitiativen: Die SRG-Halbierungs-Initiative lehne ich klar ab, sie gefährdet die unabhängige Berichterstattung und die SP- und Grünen-Initiative für einen Klimafonds. Deren Ablehnung finde ich angesichts der Bergstürze ganz besonders bedenklich. Viel zu reden gaben auch wichtige Geschehnisse neben der Session, wie die Verabschiedung der Vernehmlassungsvorlage zu den EU-Verträgen und wiederum die dramatische Situation und Eskalation im Nahen Osten, die mich auch persönlich stark beschäftigen.
Wie üblich beginne ich mit einigen Informationen zu den Geschäften aus meiner Kommission.
Erfreuliche Fortschritte in der Sozial- und Gesundheitspolitik
Eine rasche Einigung erzielten wir bei der Vorlage Ergänzungsleistungen für Betreuung und Hilfe zu Hause. Neu werden verschiedene Leistungen für EL-Beziehende vergütet, damit sie länger selbstbestimmt zu Hause wohnen können. Zwar sind Leistungen für die psychosoziale Begleitung nicht explizit erwähnt, doch ist der Leistungskatalog nicht abschliessend definiert und die Kantone, welche diese Leistungen bezahlen müssen, können zusätzliche aufnehmen. Selbstverständlich werden die Leistungen erst nach einer Abklärung gesprochen und in Form von Pauschalen ausbezahlt.
Ebenfalls unter Dach und Fach ist die Gesetzgebung zur Umsetzung der Volksinitiative «Kinder ohne Tabak». Hier bin ich weniger erfreut, weil die Initiative nicht konsequent umgesetzt wird. Inkonsequent ist, dass Werbung in gewissen Printmedien (wenn sie weniger als 2% Lesende unter 16 Jahren haben), Werbung für Zigarren und Zigarillos (sofern Jugendliche keine Einsicht haben) weiterhin zugelassen sind, wie auch der mobile Verkauf. Hier war das Lobbying der Tabakproduzenten erfolgreicher als die Achtung vor dem Volksentscheid und der Gesundheitsschutz.
Sehr froh bin ich darüber, dass die Gesetzesvorlage zur Parlamentarischen Initiative von Jürg Grossen (GLP) «Selbständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen» versenkt wurde. Die Vorlage wollte, dass die Betroffenen und nicht mehr die Sozialversicherungsanstalten entscheiden, ob jemand als selbständig erwerbend gilt. Diese Gesetzesänderung wäre eine massive Verschlechterung für viele Angestellte in prekären Verhältnissen gewesen, wie Essensauslieferende, Taxifahrende etc., die oft unter grossem Druck von Uber und Co. stehen.
Daneben hatten wir einige kurze Debatten zu «kleineren» Geschäften und mit dennoch grosser Wirkung für die Betroffenen. So führt eine Änderung im Unfallversicherungsgesetz dazu, dass Spätfolgen von Unfällen im Jugendalter, also vor der Versicherungspflicht, von der Unfallsversicherung übernommen werden müssen. Die Gesetzesänderung wurde 2011 (!) nach einem Einzelfall, der von Medien aufgenommen wurde, in Vorstössen eingebracht. Weil der Bundesrat keine Änderung wollte und mit der Umsetzung «bummelte», dauerte es derart lange und es waren diverse parlamentarische Anläufe nötig.
Ein wichtiger Schritt für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen ist die Gutheissung der Motion «Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetschleistungen im Gesundheitswesen». Die Kommunikation ist eine Grundvoraussetzung für eine gute Behandlung.
Viel zu reden – und heftige Reaktionen aus der Bevölkerung und am feministischen Streik am 14. Juni – gab ein Entscheid der Sozial- und Gesundheitskommission (SKG-NR) zu Standesinitiativen zur Elternzeit. Zwar hat die SGK-NR zwei offen formulierte Standesinitiativen (Genf und Jura) für eine Elternzeit angenommen, zwei mit konkreten Forderungen nach mehr Elternzeit (Tessin und Neuenburg) abgelehnt. Für berechtigte Empörung sorgte die Empfehlung der Kommission, die gutgeheissenen Standesinitiativen so umzusetzen, dass insgesamt nicht mehr als die heute geltenden 16 Wochen Elternzeit resultieren sollen, aber Wochen des Mutterschutzes auf den Vater übertragen werden könnten. Auch ich finde das absolut indiskutabel. Die 14 Wochen für die Mütter wurden jahrzehntelang erkämpft und sollen Mütter in den ersten Wochen der Mutterschaft die – auch gesundheitlich – nötige Zeit verschaffen. Das berechtigte Anliegen nach einer Elternzeit, nach mehr Wochen für Mütter und Väter, darf nicht auf Kosten der Mütter realisiert werden.
Mit gespanntem Blick verfolgte ich den Entscheid des Ständerats zur Finanzierungsvorlage zur 13. AHV und vorausschauend der möglichen Plafondanhebung bei den Ehepaarrenten. Hier hat die Kommission einen austarierten Vorschlag erarbeitet, der trotz Widerstand mehrheitsfähig ist. Die Diskussion zur Finanzierungsvorlage, zur Mitte-Volksinitiative zur Aufhebung des Ehepaarplafonds, einem allfälligen Gegenvorschlag dazu und zu den Anpassungen bei den Hinterlassenenrenten geht Anfang Juli in der SGK-NR weiter. Es wird eine herausfordernde Diskussion, weil die verschiedenen Dossiers zusammenhängen und weil in unserer Kommission die Mehrheitverhältnisse etwas anders liegen. Derzeit sind wir aber daran verschiedene Gespräche über diverse Varianten zu führen, um vor der Sitzung schon mehrheitsfähige Lösungen und Kompromisse zu finden. Mehr dazu dann in der Herbstsession.
Angriff auf die Mindestlöhne
Aus gewerkschaftlicher Sicht untragbar ist die Anpassung der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, wie sie der Nationalrat beschlossen hat. Diese Änderung erlaubt, dass in GAV vereinbarte Mindestlöhne unter allfälligen kantonalen Mindestlöhnen liegen können. Das ist ein krasser Angriff auf den Schutz der Arbeitnehmenden und auf die Souveränität der Kantone. Aus unserer Sicht verstösst das auch gegen die Verfassung. Mindestlöhne sind von grosser Bedeutung für anständige Einkommen gerade für Frauen und Tieflohnberufe. Dennoch stimmt eine Mehrheit im Nationalrat zu. Sollte die Vorlage auch im Ständerat durchkommen, so wird es wohl am Schluss zu einem Referendum kommen.
Die Session verging wie im Flug. Wie immer war sie nebst den Sessionsgeschäften gespickt mit zahlreichen Treffen, Besuchen, Interviews (zum Beispiel für swissinfo zu Themen der Auslandschweizer:innen) und mit Vorbereitungsarbeiten für die Kommissionssitzungen. Sehr gefreut habe ich mich über den Besuch einiger meiner «Sessionsbriefleser:innen», die der Einladung zum Sessionsbesuch am 18. Juni gefolgt sind.