Wer wird meine Eltern dereinst pflegen? Und wer mich selbst? Nun beschäftigt sich auch die Politik mit diesen Fragen. Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, sollen die Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Am meisten Stellen sind in der Pflege ausgeschrieben, rechnete der «Blick» kürzlich vor. Und im «Tages-Anzeiger» warnten UBS-Ökonomen vor einem enormen Personalmangel in klassischen Frauenberufen wie der Pflege. Bis in zehn Jahren rechnen sie mit 500 000 fehlenden Personen.

Zum Pflegenotstand, auf den Fachleute seit langem hinweisen, tragen auch die immer kürzeren Aufenthalte in den Spitälern bei. Nach einer Operation müssen die Patientinnen und Patienten immer häufiger zuhause gepflegt werden. Auch die alternde Bevölkerung wird immer mehr auf ausreichend ausgebildetes Pflegefachpersonal angewiesen sein.

Fast die Hälfte Ausländerinnen

Die Politik wiegelte bis vor kurzem ab. Alles halb so schlimm, hiess es. Es würden genügend junge Menschen in die Ausbildung zur Fachangestellten Gesundheit (FAGE) einsteigen.

Doch der steigende Druck am Arbeitsplatz, die wenig familienfreundlichen Arbeitszeiten und die schlechten Arbeitsbedingungen führen dazu, dass sich viele ausgebildete Pflegende vom Beruf abwenden. Bis zur Hälfte des Personals kommt heute aus dem Ausland.

«Das bisschen Pflege …»

Der schweizerische Berufsverband der Pflegefachfrauen und -Männer (SBK) will daher mit der Pflegeinitiative den Beruf aufwerten und attraktiver gestalten. Im Vordergrund stehen bessere Bedingungen in Ausbildung und Beruf sowie eine Erweiterung der Kompetenzen.

Die Gesundheitskommission des Nationalrats anerkennt das Problem und hat einen brauchbaren indirekten Gegenvorschlag erarbeitet. Einzig die SVP stellt auf stur und findet, «das bisschen Pflege kann doch auch freiwillig von den Frauen geleistet werden». Der Krankenkassenverband Santésuisse wiederum bekämpft das Anliegen mit horrenden, fragwürdigen Kostenschätzungen.

Weniger Bürokratie, mehr Kompetenzen

Mit dem Gegenvorschlag will die Kommission zusammen mit den Kantonen die Pflege-Ausbildung mit 900 Millionen Franken zusätzlich unterstützen. Darüber hinaus soll das Personal mehr Kompetenzen erhalten: Pflegefachpersonen sollen gewisse Leistungen direkt mit der Krankenkasse abrechnen können.

Das ist sinnvoll, denn bereits heute klärt die Spitex ab, welche Pflegeleistungen jemand benötigt. Hausärzt_innen müssen den Antrag der Spitex dann unterschreiben – ein bürokratischer Leerlauf.

Die Krankenkassen kritisieren diese geplante Massnahme. Sie wollen selbst bestimmen, welche Pflegefachpersonen eigenständig abrechnen dürfen. Damit zielen sie auf eine Lockerung des Vertragszwangs ab, was FDP und SVP unterstützen.

Dies ist ein Affront und steht quer zu den Anliegen der Initiantinnen und Initianten. Kommen die Rechten damit durch, wird der Gegenvorschlag zur reinen Farce.

Es braucht einen GAV

Wir von der SP unterstützen sowohl die sinnvollen und wirkungsvollen Massnahmen des Gegenvorschlags als auch die Initiative – ich habe einen entsprechenden Antrag deponiert. Wir sind auch der Meinung, dass ein Gesamtarbeitsvertrag sowie mehr Personal notwendig sind. In unseren Augen muss auch ein verbindliches Verhältnis zwischen der Anzahl Pflegenden und der Anzahl Patientinnen und Patienten festgelegt werden.

Mit der Pflegeinitiative und dem wirkungsvollen Gegenvorschlag können wir nicht nur dem Pflegenotstand begegnen. Wir gewährleisten so auch die Qualität in der Pflege und die Patientensicherheit – was uns allen zugute kommt.

 

Dieser Beitrag ist auch im link.ch 183 -2019 erschienen.