Derzeit reformiert der Bund die Ergänzungsleistungen (EL). Ein sozial wichtiges Geschäft. Neben Verbesserungen droht ein grösserer Abbau

Seit Monaten beugt sich die nationalrätliche Sozial- und Gesundheitskommission über das Dossier. In der Sommersession hatte der Ständerat die Vorlage beraten und unter dem Strich einen Abbau beschlossen. So sollen EL-Beziehende zukünftig nur noch die Krankenkassenprämienverbilligung in der Höhe der dritttiefsten Prämie erhalten. Vorher war es die Durchschnittsprämie. Dies führt zu massiven Verschlechterungen, weil viele EL- Beziehende an chronischen Erkrankungen leiden und ihnen Wechsel der Kasse erschwert werden. Die nationalrätliche Kommission hat dies nun wieder korrigiert. Dennoch führt es zu tieferen Beiträgen gegenüber heute.

Schraube angezogen

In anderen Punkten hat die Kommission aber die Schraube angezogen. Insbesondere der SVP geht die Revision viel zu wenig weit. Deshalb wollte sie sie mit einem zusätzlichen Auftrag zum Abbau gar an den Bundesrat zurückschicken. Doch der Bundesrat will ja schon mit dieser Vorlage Hunderte von Millionen einsparen, indem er allfällige Lohneinkommen voll einrechnet und geringere Vermögensfreibeträge zulässt. Sparsame RentnerInnen werden somit bestraft, und ihr Vermögensverbrauch wird akribisch geprüft. Betroffene protestierten bereits bei der SP. Vielleicht lässt sich das nochmals abwenden.

Sozialpolitisch schwierig sind die Verschlechterungen für die Kinder. Um EL-Beziehende nicht besser zu stellen als Working poor, sollen die Beträge für die Kinderkosten gekürzt werden. Das ist ein Hohn, denn man könnte ja auch die Working Poor-Familien mit Familien-EL besserstellen. Immerhin will man die externen Kinderbetreuungskosten als Aufwand anrechnen.

Kapital beziehen?

Umstritten, und zwar selbst in der SP, ist das geplante Verbot, Kapital aus der zweiten Säule zu beziehen. Der Bundesrat will ein solches Verbot, weil es einzelne Personen gab, die Kapital unnötig verbraucht hatten und dann im hohen Alter, als sie pflegebedürftig wurden, auf EL angewiesen waren. Unser Vermittlungsvorschlag lautet, nur den hälftigen Bezug zuzulassen. Personen, die aus der Schweiz ausreisen, sollen ihr Kapital aber weiterhin beziehen können.

Überhaupt: Einzelfälle führen in dieser Vorlage zu diversen Verschärfungen. Weil es einige wenige Personen mit Vermögen gibt, die EL beziehen, soll jetzt eine Eintrittsschwelle eingebaut werden. Natürlich ist es stossend, wenn jemand mit Barvermögen EL bekommt. Die Vermögen stecken aber meist in einer selbstbewohnten Liegenschaft und sind somit gebunden. Jetzt soll ein bürokratisches Monster eingeführt werden, um hypothekarisch gesicherte Rückzahlungen zu ermöglichen.

Zwar stecken wir noch mitten in der Debatte. Das Geschäft kommt erst im Frühling 2018 in den Nationalrat. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Gesamtbeurteilung dieser Vorlage nicht einfach wird. Die höheren Mietzinsmaxima und die Beiträge für betreutes Wohnen bringen für die Betroffenen 290 Millionen Franken mehr. Das sind längst fällige, dringliche Mittel. Dem steht ein Abbau um 200 Millionen (Eintrittsschwelle) und um 120 Millionen (erhöhter Vermögensverzehr) gegenüber. Es gibt somit eine Verlagerung von denjenigen, die etwas Vermögen haben, zu denen, die auf höhere Mietbeiträge angewiesen sind. Das ist gerade für den Kanton St.Gallen bedeutsam. Denn hier wurden ja die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen (Mietzinszuschüsse) im Hinblick auf die Verbesserungen beim Bund voreilig abgeschafft.

Druck von rechts

Die EL-Revision ist somit eine zweischneidige Sache. Notwendige Verbesserungen sind gepaart mit deutlichen Verschlechterungen. Dies macht aus der Reform einen bitteren Cocktail. Ein kleiner Erfolg für die linke Seite ist, dass neu Mietzuschläge für betreutes Wohnen möglich werden. Gleichzeitig hat der Bundesrat einen Zusatzbericht zu den Zuschlägen zur Ergänzungsleistung für Kinderkosten nachgereicht. Gestützt darauf will nun eine Kommissionsmehrheit die Beiträge senken. Und weil rechtsbürgerlichen Kreise noch weitere Verschlechterungen wollen, stellt sich am Schluss einmal mehr die Frage nach dem Spatz in der Hand oder der Taube auf dem Dach. Es steht uns also kein einfacher Entscheid bevor.

 

Dieser Text ist im links der SP Kanton St. Gallen erschienen.