Verfehlte Finanz- und SteuerpolitikLeserinnenbrief, erschienen 12. Februar 2011, St. Galler Tagblatt

Masslose Steuersenkungen, die insbesondere den Unternehmen und Wohlhabenden und nur zu einem kleinen Teil den Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu Gute kamen, führen zu 450 Millionen Franken jährlichen Steuerausfälle durch diese Steuergeschenke. Die Unternehmen zahlen zusammen nicht einmal mehr die Hälfte der Steuern gegenüber vor 5 Jahren. Die Einnahmen durch Unternehmenssteuern betragen gerade mal noch 10% des Gesamtvolumens der Steuereinnahmen – dies, obwohl Unternehmen genauso von einer guten Infrastruktur und guten Bildungsangeboten des Staates profitieren und darauf angewiesen sind wie wir. Gleichzeitig wurde von den bürgerlichen Parteien lange ignoriert, dass vom Bund grosse Ausgaben auf den Kanton zukommen wie die Pflege- und Spitalfinanzierung. Und jetzt klafft ein grosses Loch in der Kantonskasse. Bürgerliche Parteien und die Regierung wollen ein 100 Millionen-Spar- und Abbauprogramm durchboxen. FDP und SVP fordern sogar noch mehr. Wenn die Steuererleichterungen mit Mass gemacht worden wären, so hätten wir jetzt nicht diese Probleme. Die SP hatte bei den Steuersenkungen davor gewarnt, dass dies zu zu grossen Einnahmenausfällen führen werde. Wir waren nicht generell gegen Steuererleichterungen (zb. für Familien), aber dieses Ausmass war unverträglich.

 

Denn jetzt haben wir wiederum ein happiges Sparpaket, in dem vor allem die Normaleverdienenden zur Kasse gebeten werden, und zwar mit happigen Gebührenerhöhungen und massiv höheren Krankenkassenprämien. Ein paar Beispiele: Die Brückenangebote nach der Oberstufe sollen jetzt dann bis 4200 Franken kosten, der Musikunterricht in den Mittelschulen neu 1400 Franken. Die Bildungsvielfalt soll eingeschränkt werden durch den Abbau von Freifächern an den Mittel- und Berufsschulen. Aber auch an der Universität gehen die Gebühren rauf. Den Heimbewohnenden mit Ergänzungsleistungen das Taschengeld gekürzt werden. Aber auch die Umwelt und der öffentliche Verkehr kommen an die Kasse.

Ein grosser Brocken fällt bei der Spitalfinanzierung auf uns alle zu. 17 Millionen Franken werden statt aus der Staatskasse neu aus den Portemonnaies der KrankenkassenprämienzahlerInnen geholt. Mit dem Antrag der Finanzkommission sogar verdoppelt soviel. Unsere Krankenkassenprämien werden für nächstes Jahr deswegen wohl mindestens 10Prozent ansteigen. Diese wie viele andere Massnahmen treffen den Mittelstand und Familien ganz besonders hart. Wir werden ein derart massives Sparpaket nicht mittragen und verlangen Anpassungen beim Steuerfuss und eine Abkehr der einseitigen Finanzpolitik.

Barbara Gysi, Kantonsrätin SP, Marktgasse 80, Wil