Die Schaffung der europäischen Menschenrechtskonvention war 1950 ein wegweisender Schritt zur Wahrung und Fortführung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Die Achtung der Menschenwürde nimmt auch in der Schweizer Verfassung eine wichtige Rolle ein und soll unser ethisches und politisches Handeln leiten. Vor 50 Jahren hat die Schweiz die europäischen Menschenrechtskonvention unterzeichnet und ratifiziert.
Der europäische Gerichtshof zur Überwachung der Menschenrechte (EGMR) ist eine wichtige Institution. Viele seiner Urteile führen dazu, dass gefasste Beschlüsse überdacht und das Handeln des betroffenen Staates hinterfragt werden müssen. Auch von der Schweiz. In der Regel sagen uns die Urteile nicht, was wir exakt zu tun haben, sondern sie spiegeln unsere Entscheide und fordern uns zum Handeln auf. Jüngst hatte es auch direkte Auswirkungen auf St.Gallen, das seine Gesetzgebung zum Betteln nun präzisiert hat.
Viele der Entscheide des EGMR sind für die Betroffenen wegweisend. So etwa für den Witwer aus dem Appenzellischen, der gegen die Diskriminierung bei den Witwerrenten geklagt hatte. Seine Witwerrente wurde ihm gestrichen, als seine jüngste Tochter 18-jährig wurde. Auch hier wurde die Schweiz aufgefordert, die Gesetzgebung anzupassen und diese Diskriminierung zu stoppen.
Diese Leiturteile, wie auch das Jüngste zu den Klimaseniorinnen, sind eine Rechtstellung und nicht einfach ein Eingriff in unser Rechtssystem. Die Schweiz entsendet ebenfalls einen Richter und auch Gerichtsschreibende und Praktikant:innen aus der Schweiz arbeiten für den EGMR. Wir sind Teil des Europarats und dieses Gerichts. Wir sollten uns mit aller Vehemenz für die Achtung der Menschenrechte weltweit einsetzen. Die gravierenden Verletzungen von Menschenrechten, nicht nur in den aktuellen schrecklichen Kriegen, müssen aufhören. Dorthin muss unsere Energie gehen. Wir müssen die Menschenrechte verteidigen, nicht den Gerichtshof bekämpfen.
Dieser Artikel erschien im Leader Magazin Mai/2024