Gewaltverherrlichende Ausbildungsmethoden bedürfen einer eindeutigen Verurteilung und Aufklärung durch die Armee-Spitze. Bisher tut das VBS eindeutig zu wenig, um Frauenfeindlichkeit und die Hetze gegen Minderheiten innerhalb des Militärs zu unterbinden – und fördert damit einen rückständigen Korps-Geist.
Ende April fand ein Video den Weg in die Öffentlichkeit, in dem ein Offizier Gewaltphantasien zu Ausbildungszwecken nutzt. „Stell dir vor, du kommst vom Militär zurück und deine Freundin liegt mit einem anderen Mann im Bett“, meint der Vorgesetzte darin zu den anwesenden Soldaten. Die Rekruten reagieren darauf mit dem Leerschiessen ihrer Magazine. Eine Armeesprecherin bestätigte daraufhin die Echtheit des Videos und die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
Ich war zutiefst schockiert. Mit mir zusammen waren das ganz viele Leute. Eine Untersuchung wurde angeordnet. Doch sonst ist nichts passiert.
Dieses Beispiel ist leider kein Einzelfall: Regelmässig verschwinden Munition und Waffen, die Benennung der Armee-Waffe nach der Freundin oder die Hetze gegen Homosexuelle gehört zum Alltag. Erst im Januar wurde zudem ein Bild publik, in dem Soldaten in Wangen an der Aare BE vor einem Hakenkreuz die Arme zu Hitler-Gruss erheben. Insgesamt sind die Meldungen bei der Fachstelle Extremismus der Schweizer Armee wegen rechtsextremer Gesinnung steigend.
Diese Beispiele zeigen. Die Armee hat ein strukturelles Gewalt-Problem. Frauenfeindlichkeit, der Hass auf Minderheiten und ein rückständiger Korps-Geist sind leider nach wie vor fester Bestandteil der Schweizer Armee. Während der Fall um den rechtsextremen Soldaten Franco A. in der deutschen Bundeswehr aktuell einen handfesten politischen Skandal um Männerbünde und rechtes Gedankengut verursacht hat und sich die Verteidigungsministerin händeringend um Aufklärung bemüht, schweigt die Armee-Führung in der Schweiz. Gewaltverherrlichung und Hass sind aber keine Kavaliersdelikte, sondern eine Gefahr für jede demokratische Gesellschaft. Verteidigungsminister Guy Parmelin und Armeechef Philippe Rebord müssen sich deshalb unmissverständlich vom Gewalt-Video distanzieren und für Aufklärung sorgen. Nicht nur im aktuellen Fall – sondern beim grundsätzlichen Gewalt-Problem der Armee.
Während meiner Zeit als Mitarbeiterin eines Frauenhauses musste ich unzählige Fälle von häuslicher Gewalt und Nötigung mitansehen, bei denen Männer ihr gewalttätiges und menschenverachtendes Verhalten für gesellschaftsfähig hielten. Das darf nicht sein. Gewalt hat in der Schweizer Demokratie keinen Platz und gehört durch alle Behörden unmissverständlich verurteilt und bekämpft. Das gilt auch für die Armee.
Die SP wird im Parlament und in der Sicherheitspolitischen Kommission Konsequenzen einfordern. Solche Zwischenfälle sind zu stoppen und es braucht ein klares Umdenken. Der Befehl des Armeechefs von 2008 über Diversity Management und der bundesrätliche Bericht „Militärethik in der Armee“ von 2010 dürfen nicht länger ein Papiertiger bleiben. Der in diesem Bericht enthaltene Zehn-Punkte-Massnahmenkatalog ist nie umgesetzt worden, ebenso wenig die Anregungen der Militärakademie an der ETH Zürich über eine nähere Bestimmung der Begriffe Führung und Werte. Auch die Frage des Aufbewahrungsorts der Armeewaffen muss wieder gestellt werden. Nun ist ein für alle mal klar, dass die Armeewaffen ins Zeughaus gehören.