Seit Monaten kämpfen wir um die Bewältigung der Covid-Pandemie und dafür, dass unser Gesundheitssystem nicht kollabiert. Trotzdem ist vieles in der nationalen Gesundheitspolitik beim Alten geblieben. Die Frage der Versorgungssicherheit beschäftigt uns zwar, namentlich die Sicherstellung der Versorgung mit Medikamenten und der Personalmangel, effektive Verbesserungen werden nur wenige angepackt. Bezüglich Medikamente wurden einige Vorstösse überwiesen. Doch die Versuche das Gesundheitspersonal besser zu stellen, sind bislang gescheitert: keine Corona-Prämie, keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und auch keine Unterstützung der Spitäler für Vorhalteleistungen. Der indirekte Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative steckt zwischen den Räten fest. Der Ständerat beharrt auf seinen Positionen: Die Kantone sollen sich nur freiwillig an der Ausbildung und -mitfinanzierung beteiligen, die eigenverantwortliche Abrechnung nur möglich sein, wenn zuvor eine «Vereinbarung» mit der Krankenkasse abgeschlossen wurde. Das ist eine inakzeptable Lösung, da damit der Vertragszwang aufgehoben wird. Wir kämpfen weiter für einen annehmbaren Gegenvorschlag, sonst werden wir, voraussichtlich nächsten September, über die Volksinitiative des SBK abstimmen.
Verdrängungskampf und Wettbewerb führen dazu, dass der Druck steigt und damit die Gefahr von Sparpaketen und Spitalschliessungen. Die Spitalschliessungen in St. Gallen dürften nur der Anfang sein. Dabei erleben wir gerade, wie wichtig ein breit aufgestelltes und für alle zugängliches Gesundheitswesen ist. Zwar hört man von den Bürgerlichen schöne Worten, aber wenn es dann ums Finanzielle geht, hapert es massiv.
Es laufen auch die Debatten zu den Kostendämpfungspaketen, die der Bundesrat aufgegleist hat. Hier zeigt sich: die Lobbies von Krankenkassen, Pharma, Generikabranche und Apotheken setzen sich durch. Chancenlos bleibt der Bundesrat mit dem Versuch, ein Referenzpreissystem für Generika einzuführen, und damit 400 Millionen einzusparen, und auch schweizweit einheitliche Pauschalen werden bekämpft. Das Massnahmenpaket 2 wurde schon in der Vernehmlassung stark kritisiert. Die aus meiner Sicht durchaus interessante Lösung einer Zugangspforte zu den Spezialist_innen wird als Abbau kritisiert. Es wäre aber eine interessante Option, wenn Gesundheitszentren als erste Anlaufstellen bezeichnet und finanziert würden, in denen eine integrierte Versorgung mit einer Stärkung der Pflege und der anderen Gesundheitsberufe angeboten wird. Wir müssen Doppelspurigkeiten abbauen und vor allem die Selbstbedienungsmentalität in den Chefarztetagen bekämpfen. Und: Bei allen Diskussionen über die Kosten darf der Nutzen nicht vergessen gehen. Wir können uns dieses Gesundheitswesen leisten. Für mich als linke Politikerin ist zudem die Frage der Kostenverteilung zentral: Wir müssen dringend die Kopfprämien abschaffen oder wenigstens eine obere Belastungsgrenze einführen, wie es die SP-Prämienentlastungsinitiative fordert.
Dieser Text ist im Fokus 4/20 des vpod ostschweiz erschienen.