«Unser Ziel muss sein, eine inklusive Arbeitswelt zu schaffen, in der anderes möglich ist als ‹immer mehr, immer schneller› bis hin zu Erschöpfung.»

Im Magazin ARTISET durfte ich mich in Rubrik „Politische Feder“ zum Thema Arbeitswelt äussern.

Barbara Gysi - Nationalrätin

Sie kennen sicher die Frage auch, an einem Apéro oder Fest gestellt, beim Smalltalk – «Und du, was schaffsch dänn du?». In unserer Gesellschaft hat Arbeit einen hohen Stellenwert. Und ist oft auch ein willkommener Einstieg in ein Gespräch. Arbeit bestimmt unseren Tagesablauf und unser Leben. Sie bildet die Basis für unser Auskommen. Viele Menschen definieren sich darum auch stark über ihre Arbeit.

Doch was ist, wenn man nicht voll leistungsfähig ist, eine Beeinträchtigung hat oder eine Einschränkung? Denn nicht alle Menschen verfügen über die gleichen Voraussetzungen, und nicht alle haben eine Arbeit, die sie stolz macht und ihre Identität definiert. Zudem wird die Arbeitswelt immer fordernder.

Sie nimmt wenig Rücksicht auf besondere Bedürfnisse der Menschen oder auch ihre Lebenssituation – vielleicht muss frau sagen: noch zu wenig. Mit etwas Optimismus können wir hoffen, dass der Fachkräftemangel dazu führt, dass auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder in besonderen Lebenslagen bessere Chancen bekommen. Damit Grundsätze wie «Gutes Leben und gute Arbeit» nicht einfach schöne, leere Worte bleiben. Damit das für alle gelten kann, dafür müssen wir etwas tun: Rahmenbedingungen schaffen und mehr Wertschätzung für jede Form von Arbeit(sleistung) zeigen.

Angebote in der Arbeitsintegration oder Jobcoaching bieten hier unterstützende Ansätze, sei es im ersten, im ergänzenden Arbeitsmarkt oder in Institutionen. Unser Ziel muss sein, eine inklusive Arbeitswelt zu schaffen, in der auch anderes möglich ist als «immer mehr, immer schneller» bis hin zu Erschöpfung und Burn-out.

Als Gesellschaft müssen wir uns stärker bemühen und mehr Unterstützung anbieten, um die Arbeitswelt in diese Richtung zu entwickeln, gemeinsam mit den Menschen, die Unterstützungsbedarf haben. Geben wir Gegensteuer zu entmenschlichten Arbeitsformen, die auch sogenannt «normale» Arbeitnehmende zunehmend überfordern.

Denn es liegen auch viel Potenzial, Fähigkeiten und Kreativität brach – wir müssen sie einfach erkennen. Arbeiten und Begegnungen auf Augenhöhe kann für alle ein Gewinn sein.

Der Artikel erschien in  Ausgabe 6/2022 des Magazins ARTISET