Bei der Abstimmung vom 24. November über die SVP-Initiative geht um die einseitige Bevorzugung von Familien mit hohen Einkommen. Wer meint, mit einem Ja zur „SVP-Familieninitiative“ würden alle Familien profitieren, irrt sich gewaltig. Das Gegenteil ist der Fall. Es würde eine Mehrheit der Familien damit wohl schlechter fahren. Ein Loch von 400 Millionen Franken Steuerausfälle würde die Annahme der SVP-Initiative beim Bund reissen und mit etwa einer Milliarde Ausfälle die Kantone massiv treffen. Im Kanton St. Gallen würden geschätzte 54 Millionen in den Kantons- und Gemeindekassen fehlen. Doch, wo bitte sehr, holen wir diesen Betrag her ? Gerade eben ist ein happiges Sparpaket durch den Kantonsrat verabschiedet worden und bei den Gemeinden sieht es wegen der vielen Lastenverschiebungen, zum Beispiel bei der Pflegefinanzierung, dem öffentlichen Verkehr und Bildung auch nicht rosig aus. Somit ist klar. Entweder muss diese Steuerentlastung für gut betuchte Einverdienerfamilien mit Kürzungen bei den Fremdbetreuungsabzügen für berufstätige Eltern oder mit Steuerfusserhöhungen für alle, berappt werden. Beides ist nicht akzeptierbar.

 

 

Die SVP-Initiative nutzt nur den reichen Einverdiener-Familien. Warum ? Rund die Hälfte aller Haushalte mit Kindern bezahlt gar keine Bundessteuern, können dort als gar nicht entlastet werden. Mehr als zwei Drittel aller Haushalte mit Kindern bezahlt unter 600 Franken Bundessteuern. Demgegenüber sind zwei Drittel aller Haushalte mit Kindern Zweiverdienerhaushalte. Das bedeutet, dass beide Elternteile einer Berufstätigkeit (Voll- oder Teilzeit) nachgehen.

 

Wie stark die SVP-Initiative reichen Familien bevorzugt, zeigt das Rechenbeispiel: Eine Familie mit einem steuerbaren Einkommen von 60‘000 Franken würde bei den Bundessteuern lediglich mit 201 Franken entlastet, eine Familie mit 200‘000 Franken steuerbarem Einkommen würde ganze 2600 Franken sparen. Erstere Familie könnte sich einen Tagesausflug zum Schwimmplausch im Säntispark finanzieren, die reiche Familie hingegen eine Woche Ferien.

 

Diese SVP-Initiative ist also nichts weiter als ein Etikettenschwindel und dient vor allem dazu, ein überaltetes Familienmodell zu privilegieren. Der Titel tönt zwar nett, denn wer möchte nicht etwas für Familien tun. Doch den Familien in engen Verhältnissen ist eben gerade nicht geholfen, ihnen würden höhere Kinderzulagen und genügend und bezahlbare Krippenplätze wesentlich mehr bringen. Und dafür engagiere ich mich.

 

Die SVP-Initiative widerspricht zudem unserem Steuersystem zutiefst. Wer Auslagen hat für die Berufsausübung (Fahrkosten, auswärtige Verpflegung), kann diese bei den Steuern geltend machen und – zumindest teilweise – vom Einkommen abziehen. Weil die Fremdbetreuung von Kindern nachweislich mit Kosten verbunden ist, wurde darum vor einigen Jahren auch ein Fremdbetreuungsabzug eingeführt. Wo keine Kosten entstehen, kann aber auch nichts abgezogen werden – auch in anderen Bereichen nicht. Die SVP-Initiative führt nicht, wie behauptet wird, dazu, dass die Familien steuerlich gleich behandelt werden. Denn, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind und ihre Kinder auch fremdbetreuen lassen, haben sie nachweislich höhere Kosten und zahlen auch mehr Steuern. Dies, weil sie einerseits ein höheres Einkommen haben und andererseits in eine höhere Progression kommen. Also das Gegenteil träfe mit einer Annahme der Volksinitiative ein. Wenn dann noch der Fremdbetreuungsabzug gekürzt werden würde, weil die Kantone die Ausfälle nicht finanzieren könnten, dann wären die Familien mit fremdbetreuten Kindern massiv gestraft. Sagen Sie darum Nein zur SVP-Familien-Mogelpackung.