Eine mit spannenden Debatten und intensiven Momenten gespickte Session liegt hinter uns. Freuen können wir uns über zwei neue Bundesrätinnen, die durch ihre Kompetenz überzeugen und beide im ersten Wahlgang glanzvoll gewählt wurden. Wer hätte das im Herbst gedacht! Aus Wiler und Ostschweizer Sicht ist der Einzug von Karin Keller-Sutter ein wichtiger Schritt. Unsere Region hat jetzt eine direkte Verbindung in den Bundesrat. Als Ständerätin hat Karin Keller-Sutter an wichtigen Lösungen mitgearbeitet und sich als kompromissfähig gezeigt. So war ihre Wahl von Anfang an unbestritten, auch in unseren Reihen. Die St. Galler und Wiler Bevölkerung bereiteten Karin Keller-Sutter einen freudigen Empfang an der Wahlfeier. Ich freue mich auch über die Wahl von Viola Amherd, die ich als offene und sozial denkende Mittepolitikerin schätze. Mit nun drei Frauen im Bundesrat ist die Vertretung der Frauen wieder ausgewogener und sie werden auch in ihrer Vielfalt repräsentiert. Auch das Nationalratspräsidium ist in Frauenhand. Mit Marina Carobbio Guscetti, mit der ich eng und gut zusammenarbeite, ist zum ersten Mal eine Tessiner Sozialdemokratin im höchsten Amt. Sie präsidiert den Rat auf italienisch, was uns bereichert, und setzt im Präsidialjahr Akzente bei den Themen Vertretung von Frauen und Minderheiten. Diese Woche lancierte sie die Homepage Politfrauen.
Eine Wahl von grosser Bedeutung, die während der Session, aber ausserhalb des Parlaments stattfand, war jene ins Präsidium des schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Ich hatte mich im Verlauf des Sommers entschieden, für die Nachfolge von Paul Rechsteiner zu kandidieren. Diese bedeutende und verantwortungsvolle Aufgabe für die Arbeitnehmenden in der Schweiz interessierte mich und ich verfüge über eine reiche Erfahrung dafür. Zudem wurde ich von verschiedenen Seiten zur Kandidatur motiviert, weil es Zeit für eine Frau sei. Ich führte einen intensiven Wahlkampf mit vielen Hearings und Medienauftritten − eine spannende und lehrreiche Zeit, in der ich viele wertvolle Kontakte knüpfen konnte. Am SGB-Kongress hat es dann trotz breiter Unterstützung von vielen kleineren Gewerkschaften und den Frauen doch nicht gereicht. Ich bin enttäuscht, dass es nicht gelungen ist, doch ich konnte viel profitieren und würde wieder antreten. So kann ich meine Arbeit als Vizepräsidentin der SP Schweiz und als Präsidentin des Personalverbands des Bundes weiterführen. Beide Aufgaben sind spannend und machen mir viel Freude.
Am Parteitag der SP Schweiz lancierten wir die Prämienentlastungsinitiative, an der ich wesentlich mitgearbeitet habe und für die mich stark engagieren werde.
Rechte Lobby in der Gesundheitspolitik setzt sich durch
Am ersten Sessionstag debattierten wir kurz, aber heftig über zwei Geschäfte, die für die Versicherten Verschlechterungen bei den Franchisen bringen. Der Nationalrat will die Mindestfranchise von heute 300 Franken in 50-Franken-Schritten anheben und damit die Kostenbeteiligung der Versicherten noch mehr erhöhen. Das trifft vor allem ältere und chronisch kranke Menschen. Ich erhielt viele Zuschriften von Personen, die besonders betroffen sind und ebenfalls bezweifeln, dass so die Gesundheitskosten gesenkt würden. Auf Geheiss gewisser Krankenkassen war zudem vor Jahren ein Vorstoss lanciert worden, der nun als Gesetz verabschiedet wurde. Die Wahlfranchisen können zukünftig nur noch alle 3 Jahre gewechselt werden. Das sind regelrechte Knebelverträge nach dem Gusto der Krankenkassen.
Dornenreiche Debatten hat die Zulassungssteuerung für die ambulante Versorgung hinter sich. Vor drei Jahren wurde eine definitive Regelung, dank der die Kantone die Praxisbewilligungen steuern könnten, versenkt. Eine auf 3 Jahre befristete Lösung folgte auf das Debakel. In dieser Session ging es in zwei Debatten darum, eine definitive Lösung zu beschliessen. Wiederum lobbyierten die Versicherer und die Rechte massiv. Das Resultat ist lediglich eine weitere Verlängerung der befristeten Regelung. Einer definitiven Zulassungssteuerung durch die Kantone will die Mehrheit von CVP, FDP und SVP nur zustimmen, wenn gleichzeitig der Vertragszwang aufgehoben wird und vor allem die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Behandlungen eingeführt wird. Das ist eine unerwünschte Verknüpfung zweier Geschäfte. Aus Kostensicht ist klar, dass die Zulassung neuer Anbieter im ambulanten Bereich gesteuert werden muss und darum von den Kantonen gewünscht wird. Die Bürgerlichen und auch die Krankenversicherer sind aber der Meinung, dass dies nicht in erster Linie durch die Kantone erfolgen soll, sondern sie wollen sie am liebsten den Krankenkassen überlassen. Alles in allem war es eine vergiftete Debatte um die Machtverteilung in der Gesundheitspolitik, bei der manchmal der Mensch vergessen ging.
Budgetdebatte in finanziell guten Zeiten
Viele Stunden haben wir über das Budget geredet, wenn auch nicht ganz so heftig wie in anderen Jahren. Trotz 1,3 Milliarden Überschuss wollten die Rechtsbürgerlichen bei einigen Positionen kürzen, was ihnen schliesslich nur bei wenigen, von ihnen gehassten, Ausgabeposten gelang. So muss das Bundesamt für Gesundheit Federn lassen, ebenso wie die Eidgenössische Finanzkontrolle. Aufstocken konnten wir dafür bei Forschung und Bildung. Für mich wenig erfreulich ist die Tatsache, dass der Bundesrat seinem Personal nicht einmal einen vollen Teuerungsausgleich gewähren will. Generell ist das Personalbudget erneut sehr knapp gehalten.
Lange dauerte auch die Debatte über das CO2-Gesetz. Die Bilanz ist unbefriedigend. Viele Abstimmungen wurden mit wenigen Stimmen Differenz verloren, so dass wenig Substanz übrig blieb und das Gesetz am Schluss ganz abgelehnt wurde. Als Erstrat behandelten wir auch das Urheberrechtsgesetz. Hier gaben unter anderem der Bildschutz und die Unterbrecherwerbung zu reden. Auch die Mieter_innen_Initiative behandelten wir und einen Gegenvorschlag dazu. Unsere Anträge auf Aufstockung der Mittel für den Fonds de Roulement im Gegenvorschlag unterlagen. Leider wird die Volksabstimmung nicht mehr vor den Wahlen durchgeführt werden.
Zum Glück konnten einige wichtige Geschäfte zu Ende beraten werden. Dazu gehört das Gleichstellungsgesetz, das nun endlich einen Schritt vorwärts zur Lohngleichheit bringen soll. Wir diskutierten zudem, ob wir eine Debatte zum Migrationspakt führen wollen. Die SVP wollte den Migrationspakt ablehnen, unterlag aber mit diesem Ansinnen. Der Bundesrat muss nun dem Parlament eine Vorlage unterbreiten. Die Diskussionen werden weitergehen.
Viel zu reden gab und gibt die Europapolitik. Der Rahmenvertrag wurde nun vom Bundesrat vorgelegt – mit einem völlig ungenügenden Lohnschutz. Wie breit die Unterstützung für dafür aber ist, zeigten die Bundesratshearings: Alle Kandidierenden bezeichneten die flankierenden Massnahmen als rote Linie. Ob der vorliegende Vertragsentwurf zufriedenstellend verbessert werden kann, werden die Diskussionen in den nächsten Monaten zeigen.
Es geht ein intensives Jahr zu Ende. 2019 erwartet uns ein Wahljahr und weitere spannende Debatten.
Persönlich freue mich auf eine weihnächtliche Auszeit und wünsche allen frohe Festtage.