Unternehmen klagen, sie finden zu wenig qualifiziertes Personal. Abhilfe schaffen würden zeitgemässe Teilzeitmodelle, die trotz reduziertem Pensum auch Karriere ermöglichen.
Die Schweizer Wirtschaft wächst flott weiter. Die Arbeitslosenquote liegt bei tiefen 2.7 Prozent. Unternehmen suchen händeringend nach qualifiziertem Personal. Bis 2030 wird eine Lücke von einer halben Million prophezeit.
Die Schweiz leistet sich vor diesem Hintergrund einen unzeitgemässen Luxus: Sie bildet Arbeitskräfte auf hochstehendem Niveau aus, schafft es aber nicht, diese Investitionen auch zu nutzen.
Besonders gross ist das brachliegende Potenzial bei den Frauen. Gut ausgebildet stehen sie irgendwann vor der Entscheidung: Kind oder Karriere. Kind und Karriere ist weiterhin ein Kraftakt. Will eine Frau nach der Mutterschaft wieder in Teilzeit in den Beruf einsteigen, stellt man sie auf das Abstellgleis. Teilzeit sei nicht kompatibel mit Verantwortung heisst es. Für diese Aufgabe brauche es hundertprozentiges Engagement, heisst es. Jobsharing sei auf dieser Stufe nicht möglich, heisst es. Also verdonnert man sie zu einer Arbeit, für die sie überqualifiziert sind, anstatt ihr Potenzial zu nutzen.
Aber auch die Männer sind Leidtragende. Viele haben den Wunsch, sich mit ihrer Partnerin Familienarbeit und Kinderbetreuung zu teilen. Der harte Boden der Tatsachen sieht anders aus: Teilzeit: Ja, vielleicht, aber das mit dem Aufstieg in der Hierarchie kannst du dann vergessen. Die Konsequenz ist allzu oft: Trotz guten Vorsätzen bleibt er beim Vollpensum, sie reduziert und kümmert sich um Haus und Nachwuchs.
Was wäre die Lösung? Zeitgemässe Teilzeitmodelle für Frauen und Männer – und das auf allen Hierarchiestufen. Nur so lässt sich das brachliegende Potenzial nutzen. Es gibt kein stichhaltiges Argument, das dagegen spricht. Um den Fachkräftemangel zu lösen, gilt es die vorhandenen Potenziale kreativ zu nützen. Es gibt unzählige Möglichkeiten und ermutigende Beispiele dafür. Es ist an den Unternehmen, sich daran ein Beispiel zu nehmen. „Das funktioniert für diese Stelle nicht“ ist nichts mehr als eine billige Ausrede.
Kolumne zuerst erschienen in Leader Juni 18